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Gut vorbereitet auf Geburt und Elternzeit

Wie können sich werdende Eltern auf die Geburt und die ersten Monate mit Baby vorbereiten? Wir haben Hebamme und Fisher-Price-Expertin Maike Wentz zum Interview getroffen, in dem sie uns wertvolle Tipps verraten hat.

Das erste Mal im Leben ein Baby zu erwarten, ist für Eltern eine ganz besondere Erfahrung. Eine Zeit, während der neues Leben entsteht, sich der Körper verändert und die Hormone auf und ab sprudeln.

Es ist aber auch eine Zeit, die viele Fragen und Unsicherheiten aufwirft. Vorfreude und Zweifel liegen in diesen Momenten oft ganz nah beieinander. Was kommt mit der Geburt auf mich zu? Für welche Art der Geburt soll ich mich entscheiden? Wie können wir uns bestmöglich vorbereiten?

Maike Wentz im Interview über die Vorbereitung auf Geburt und Elternzeit // HIMBEER
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Maike Wentz ist Fisher-Price-Expertin und Hebamme aus Leidenschaft. Mit ihrer Expertise unterstützt sie werdende Eltern bei Hausbesuchen, gibt Kurse und lebensnahe sowie wertvolle Tipps auf ihrem Blog onlinehebamme.de. Wir haben Maike zum Interview getroffen und mit ihr gesprochen, wie sich werdende Eltern auf die Geburt und die Elternzeit vorbereiten können.

Warum hast du dich entschieden Hebamme zu werden?

Von Kindheit an gab es für mich nur einen Traumberuf – Hebamme! Begründet ist dies wohl in der Geburt meiner jüngsten Schwester. Dieses Ereignis, stattgefunden bei uns zu Hause und liebevoll erklärt durch die anwesende Hebamme, hat mich tief beeindruckt und berührt.

Noch Jahre später hat mich der Wunsch, werdende Eltern in dieser besonderen Zeit zu begleiten, beseelt und in meinem Berufswunsch bestärkt.

Warum sind Hebammen deiner Meinung nach so wichtig?

Hebammen sind die Fachfrauen, die den werdenden Mamas und jungen Familien mit Rat und Tat zur Seite stehen, viel Sicherheit, Unterstützung und Vertrauen mit auf den Weg geben. Dadurch entsteht eine innere Einstellung und der Glaube an die eigenen Kräfte unter der Geburt sowie der damit einhergehenden Mutter- bzw. Vaterinstinkte.

Worauf sollten Frauen in der Schwangerschaft besonders achten?

Zu einer Schwangerschaft mit einem guten Bauchgefühl gehören in den nächsten 40 Wochen ein bewusstes und verantwortungsvolles Verhalten sowie eine gesunde und sorgfältig ausgewählte Ernährung. Dabei ist es wichtig, immer für zwei zu denken aber nicht für zwei zu essen.

Außerdem ist die täglich regelmäßige, „an die Mama angepasste“ Bewegung wichtig. Nicht außer Acht zu lassen ist eine gesunde Mundhygiene in der Schwangerschaft. Darüber hinaus kann diese besondere Zeit auch eine gute Möglichkeit sein, um seinen Körper besser kennenzulernen.

Wie können sich Frauen auf die Geburt und die Zeit danach vorbereiten?

Sich frühzeitig um eine Hebamme bemühen, um rund um die Geburt eine gute Unterstützung und Begleitung zu haben. Mit dem Kind in Verbindung gehen und versuchen diese zu stärken. Durch Hände auflegen, durch bewusstes Atmen und seine Gedanken liebevoll zu seinem Baby fließen lassen.

Der Austausch mit werdenden Mamis, aber auch der Schutz vor Dingen die einem nicht guttun ist von großer Wichtigkeit. Nicht zuletzt – die ganzen organisatorischen Dinge für die Geburt und die Zeit danach rechtzeitig zu erledigen, gibt einem ein gutes Gefühl.

Warum sollte man einen Geburtsvorbereitungskurs machen?

Gut auf die Geburt vorbereitet zu sein, wird bei der Entbindung Erleichterung verschaffen und das Erleben der Schwangerschaft angenehmer gestalten. Zur körperlichen und mentalen Vorbereitung auf die Geburt des Babys kann solch ein Kurs auch sehr hilfreich sein.

Zusätzlich werden wertvolle Tipps zum Verhalten in der Schwangerschaft vermittelt und das Selbstvertrauen für die Geburt gestärkt, denn für diesen natürlichen Vorgang ist unser weiblicher Körper geschaffen und ausgerichtet.

Gut vorbereitet auf Geburt und Elternzeit // HIMBEER
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Wie kann man Ängste vor der Geburt abbauen?

Angst vor der Geburt zu haben ist etwas ganz Normales, denn man steuert auf ein völlig neues, spannendes, bislang unbekanntes Ereignis zu.

Die Mütter darin zu bestärken, alles, was einem nicht gut tut, klar zu kommunizieren, z.B. sich von Freundinnen keine „Horrorstorys“ anhören zu wollen.

Sich ganz bewusst auf die Geburt einzulassen und Vertrauen in die Natur und den eigenen Körper zu schöpfen. Eine positive Einstellung zur Situation kann viele Kräfte aktivieren und den Umgang mit Schmerzen erleichtern.

Sich vor der Geburt mit Körper und Seele auseinanderzusetzen z.B. mittels Entspannungsübungen, Körperreisen und Atemübungen kann auch sehr hilfreich sein.

Wie kann man das Vertrauen in den eigenen Körper stärken?

Es ist ja zum Glück ausreichend Zeit gegeben, sich auf die Geburt vorzubereiten und sich vor allem auch darauf einzulassen. Das Vertrauen in seinen Körper zu lenken und ihn damit zu stärken kann mit unterschiedlichen Maßnahmen unterstützt werden.

Jeder Mensch ist hier individuell – für die einen sind es viele Informationen, für die anderen sind es Massagen, Bewegungs-, Atem- oder Entspannungsübungen. Ich glaube der wichtigste Ansatz liegt im positiven Denken, da unsere Gedanken und Gefühle einen sehr starken Einfluss auf die Endorphin-Ausschüttung haben.

Eine positive und kraftvolle innere Einstellung, kann für die Geburt sehr hilfreich sein. Dieses kann man sehr gut durch Hypnobirthing erlernen, sowie auf der sanfteren oder sportlicheren Ebene des Yogas.

Krankenhaus, Geburtshaus oder Hausgeburt – wie entscheidet man, welcher Geburtsort für einen selbst am besten passt?

Die Geburt eines Babys ist etwas ganz besonderes und ein sehr berührendes Erlebnis. Es ist eine äußerst intensive Erfahrung für alle und damit auch auf sämtlichen Ebenen eine sehr vertrauensvolle Situation. So ist es von großer Wichtigkeit, sich in der Schwangerschaft zu informieren, intuitiv zu handeln und Situationsabhängig zu entscheiden, wo und wie man sich vorstellen kann sein Baby zu gebären.

Welche Dinge sollten Frauen wissen, die einem vor der Geburt kaum jemand verrät?

Einige Tabus rund um die Geburt – ganz offen und ehrlich … nicht immer schwebt man auf Wolke sieben und strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Da sich der Fokus aufs Baby richtet und wahrscheinlich die Hormone noch ihren Teil dazu beitragen, ist die Schwangerschaft- bzw. Stilldemenz kein Mythos.

Je runder der Bauch wird, desto interessanter wird er für Andere und somit zum vermeintlichen Allgemeingut. Mit gut gemeinten Ratschlägen wie in der Schwangerschaft vorzuschlafen, kannst du nicht besonders viel anfangen, da der Schlafmangel nicht erst danach auftritt.

Bedingt durch die Auflockerung des Beckenbodens, kann beim Husten, Lachen oder Niesen auch tatsächlich mal die Unterhose nass werden. Das muss einem nicht unangenehm sein, damit hat sicherlich schon jede Mami Erfahrung gemacht.

Durch die Schmerzen unter der Geburt kann einem so übel werden, dass es sogar zum Erbrechen kommt. Nun hat man es endlich geschafft, das Baby ist da! Dennoch kann es sein, dass es durch den engen Geburtskanal runzelig, verformt und blutig aussieht. Aber für die Eltern ist es natürlich immer das schönste Baby der Welt!

Hast du Tipps für die erste Zeit nach der Geburt?

Es wäre sehr schön, wenn der Papa Urlaub oder noch besser Elternzeit nehmen könnte, um als kleine Familie zusammen zu wachsen. Sich Zeit für seine neue Rolle lassen, sich kennen zu lernen, zu beschnuppern, ganz viel kuscheln.

Regelmäßig einen Mittagsschlaf machen, viel an die frische Luft gehen und sich bewegen – immer eine gesunde Balance zwischen Aktivität und Passivität. Unterstützung annehmen und sich äußern, wenn einem etwas zu viel ist,

Mittagessen vorbeibringen lassen. Unbedingt Besucher:innenregeln aufstellen, bevorzugt nur Gäste mit einem Carepaket/Mitbringsel empfangen. Baby nicht von Arm zu Arm reichen, da jeder Mensch einen eigenen Körpergeruch hat. Die einmalige Zeit gemeinsam genießen.

Das Allerwichtigste – viel lachen … Lachen ist gesund und produziert Glückshormone.

Welches Spielzeug ist in der ersten Zeit besonders hilfreich?

In den ersten Wochen sind in jedem Fall die Stimmen und Gesichter von Mama, Papa oder Geschwisterkind am spannendsten. Danach werden dann die Dinge für das Baby interessant, die ihm von Natur aus zur Verfügung stehen, wie z.B. die eigenen Hände und Füße.

Interview mit Maike Wentz // HIMBEER
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Nach einiger Zeit lieben es die Babys in die Beobachtung zu gehen z.B. mit einem Mobile oder einem Spielebogen, wo sie auch die motorischen Fähigkeiten trainieren können.

Auch Kuscheltiere, welche die Geräusche im Mutterleib imitieren, sind für die Kleinen von großem Interesse und wirken oftmals sehr beruhigend. Wichtig ist es, immer eine gute Balance zwischen Aktivität und Ruhepausen herzustellen, damit das frühkindliche Gehirn nicht überreizt wird.

Was ist eigentlich der Babyblues?

Die Hälfte aller Mamas sind die ersten drei bis sieben Tage psychisch empfindlich, traurig, energielos und vor allem sehr nah am Wasser gebaut. Dieser sogenannte Babyblues ist von den Hormonen gelenkt und verschwindet in der Regel nach einer Woche von alleine.

In dieser Zeit sind Gespräche hilfreich sowie viel frische Luft und Bewegung. Manchmal bringen auch Tränen eine Entlastung. Spannender Weise tritt er bei Hausgeburten und ambulanten Entbindungen seltener auf.

Was möchtest du unbedingt noch loswerden?

Ich wünsche mir, nachdem der Beruf in Deutschland seit 2021 akademisiert wurde, einen besseren Stellenwert in unsere Gesellschaft und eine gerechtere Bezahlung. Außerdem hoffe ich, dass dadurch jede Schwangere die Möglichkeit bekommt, eine Hebamme für diese besonderen Zeit zu finden.

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