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Gebt den Kindern die Verantwortung zurück!

Wie aus Kindern starke Erwachsene werden. Auf Bäume klettern? Ohne erwachsene Begleitung zur Grundschule gehen? Nachmittags unbeaufsichtigt draußen spielen, durch die Stadt stromern? Felix Natterman beschreibt in seinem Buch warum es so wichtig ist, Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen zu lassen. Für uns hat er ein paar praktische Tipps zusammengefasst.

Solche Freiheiten wie eingangs beschrieben genießen leider nur noch wenige Kinder und Jugendliche. Denn heutige Eltern befinden sich fest im Griff ihrer Ängstlichkeit – unter anderem ausgelöst durch Nachrichten in den Medien. Auch die Schule lässt den Kindern wenig Luft: immer mehr Lernstoff, wenig Spielraum und noch weniger Kreativität. Die Folgen daraus: es wachsen unselbstständige junge Menschen heran, denen es schwerfällt, eigenständig zu entscheiden und für sich selbst Verantwortung zu übernehmen. Aber es geht auch anders! Im Folgenden hat Felix Natterman ein paar Tipps aufgelistet. Sie sind eine Herausforderung für unsere Kinder, aber eine noch viel größere für uns Eltern. Wir müssen nämlich unseren Kindern vertrauen – dass sie eben diese Herausforderungen meistern können.

1. Haben wir Mut, unsere eigene Angst beiseitezuschieben

Obwohl Eltern nichts so sehr am Herzen liegt wie die Zukunft ihrer Kinder, gefährden sie diese aus übermäßiger Angst oft, ohne es zu wissen. Die sogenannten Helikoptereltern sind dabei nur die Spitze des Eisbergs einer immer mehr in die Absicherung rückende Gesellschaft, in der furchtvolle Erwachsene ihre Kinder von einer vermeintlich gefährlichen Welt behüten wollen.

2. Haben wir Mut, unseren Kindern zu vertrauen

Fehlt diese Grundzutat, dann ist es schwer bis unmöglich für die Kinder, sich selbst zu vertrauen. Infolgedessen geben wir den Kindern heutzutage deutlich weniger Verantwortung als früher, und das hat schlimme Auswirkungen. Umso wichtiger ist es, sich vor Augen zu führen, was passiert, wenn wir weiterhin nicht im Sinne der Kinder handeln und sie nicht darauf vorbereiten, in der Welt zu bestehen. Versucht also, das Beste für Euer Kind zu tun – und das ist nicht immer, ihm vor jeden Stolpern zu bewahren. Im Gegenteil!

3. Haben wir Mut, uns an unserer eigenen Kindheit zu orientieren.

Viele Eltern sind selber viel freier aufgewachsen. Leider orientieren sich heutige Eltern an anderen Eltern. So folgt jeder dem Trend der absoluten Absicherung ohne dabei zu berücksichtigen, was sie ihren Kindern alles dadurch verwehren. Anstatt zu schauen, was andere Eltern ihren Kinder erlauben (bzw. auch nicht erlauben), sollte man lieber schauen, was einen die eigenen Eltern noch zugetraut haben. Und sei es das alleinige Bewältigen des Schulweges mit Anfang der Grundschule.

Kinder Wasser Rutsche Sonne | München mit Kind
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4. Haben wir Mut, die Kinder auch mal zu überfordern

Es geht mir nicht dabei um spezielle Hürden, die wir ihnen schulisch in den Weg legen sollten. Beim Überfordern geht es mir darum, die Kinder herauszufordern, eigene Lösungen zu suchen, selbstverantwortlich zu werden. Ihnen Aufgaben zu übertragen, bei denen es für sie wirkliche Erfahrung und echten Stolz zu gewinnen gibt.

5. Haben wir Mut, unsere Kinder zu stärken

Hierbei geht es darum, die Stärken des Kindes zu betonen. Ihm zu helfen, auf eigenen Beinen zu stehen. Echte Erfolgsmomente zu schaffen. Anleitung zur Selbstmotivation zu geben. Das Kind aus der Komfortzone zu führen, indem wir sein natürliches Interesse wecken.

Also, habt Vertrauen in eure Kinder, erzieht sie zu verantwortungsbewussten, lebenstüchtigen Menschen! Haben wir Mut. Geben wir den Kindern die Verantwortung zurück. Selbstständigkeit macht Kinder stark!

6. Haben wir Mut, einem Kind Verantwortung zu geben

Lassen Sie es doch mal mit einem gewissen Budget Essen einkaufen und für die Familie kochen oder es alleine zur Oma Bahnfahren lassen. Ein hervorragendes Beispiel um die Eigenverantwortung von Kindern zu fördern, sind Ferienlager. Seit Jahren arbeite ich jeden Sommer bei einem ComputerCamp – einem Ferienlager für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 18 Jahren. Die Teilnahme an einem Ferienlager ist für Kinder oftmals der erste längere Aufenthalt ohne Eltern, Verwandte oder Freunde. Die Camp-Teilnehmer lernen ihr zur Verfügung stehendes Taschengeld einzuteilen, selbst Betten zu beziehen und unter Aufsicht pädagogischer Betreuer eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen. Die Entfernung zum Elternhaus trägt in der Entwicklung einen großen Schritt zur Selbstständigkeit bei. Zudem lernen sie je nach thematischer Ausrichtung verschiedene Dinge – in diesem ComputerCamp wird an den eigenen Programmierfähigkeiten gearbeitet, in einem Sportcamp steht die körperliche Betätigung im Mittelpunkt und ein Sprachcamp hat die unmittelbare Auswirkung, die Fremdsprachkenntnisse der Teilnehmer zu verbessern.

Die 5 Vorteile einer Ferienlager-Teilnahme von Jugendlichen und Kindern wären:

1. Spaß und Spannung statt Langeweile in den Ferien
2. Erlernen neuer Fertigkeiten
3. Eigenverantwortung und Selbstständigkeit
4. Gemeinschaftsgefühl und soziale Kompetenz
5. Aufbruch in ein Abenteuer, an das man sich gerne und lange zurückerinnert

 

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Portrait Felix Nattermann | München mit Kind

Felix Nattermann ist Lehrer an einem Gymnasium in Mönchengladbach und hat neben einigen Schul-AGs auch die pädagogische Leitung des ComputerCamp inne. Er betätigt sich zudem als Vorstandsmitglied bei NextMG, war Referent der ZEIT-Konferenz „Schule und Bildung“. Für sein herausragendes Engagement wurde er im Jahr 2014 mit dem Deutschen Lehrerpreis ausgezeichnet.

Felix Nattermann:
Gebt den Kindern die Verantwortung zurück,
271 Seiten, Knaur Verlag, April 2018

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