© Stephan Rumpf

Unsere Gesellschaft braucht eine Vision

Um Münchner Jugendlichen aus schwierigen Familienverhältnissen zu helfen, gründete die studierte Sozialpädagogin Mara Bertling 2014 den gemeinnützigen Verein Dein München e. V..

Zusammen mit mittlerweile vier Festangestellten, an die 30 Honorarkräften und über 100 ehrenamtlich Tätigen unterstützt, motiviert und begleitet der Verein junge Münchnerinnen und Münchner auf ihrem Weg in ein besseres Leben.

Versteckt in einem idyllischen Hinterhof am nördlichsten Rand Schwabings befindet sich das kleine Büro von Dein München e. V. und somit der Schaffensraum von Mara Bertling, 40. Die sympathische Gründerin und Geschäftsführerin des Vereins wirkt wie eine Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht und mit echter Leidenschaft für ihre Visionen kämpft. Sehr authentisch erzählt sie von der Entstehungsgeschichte des Vereins, von Problemen in unserer Gesellschaft und der unsichtbaren Armut in unserer reichen Stadt.

Ein eigenes Konzept

Nach ersten beruflichen Stationen in der Film- und Werbebranche, deren Erfahrungen Mara Bertling auch heute noch bei ihrer Arbeit zugute kommen, studierte die versierte Geschäftsführerin Soziale Arbeit und Sozialmanagement. Ihre darauf folgende Tätigkeit am Familien- und Vormundschaftsgericht konfrontierte die Mutter einer Tochter mit zahlreichen Schicksalen. Zu sehen, wie viele Kinder keinerlei Zugang zu den zahlreichen Möglichkeiten unserer Gesellschaft haben, die für viele so selbstverständlich sind, war unglaublich prägend. Nachdem sie trotz langer Recherche keine Organisation in München fand, die sich genau dieses Problems annahm, schrieb die gebürtige Münchnerin 2011 kurzerhand ein eigenes Konzept.

Nebenbei absolvierte sie noch ein PR-Studium. Ihre Idee fand Anklang. Und so bekam Mara Bertling eine erste Anschubfinanzierung und die Kosten für ihre Stelle wurden übernommen. Hier begann nun ganz offiziell Mara Bertlings Engagement für das Thema, für das sie schon seit Jahren brannte.

Jugendliche bei Dein München e. V. // HIMBEER
© Andreas Reiter

Es reicht nicht aus, ein tolles Programm anzubieten

Man muss sich direkt ins Lebensumfeld der Jugendlichen begeben. Dies musste die diplomierte Sozialpädagogin gleich zu Anfang lernen. Und so findet der Erstkontakt zu den benachteiligten Jugendlichen über die sogenannten Sozialpartner des Vereins statt. Dein München arbeitet momentan mit dreizehn Institutionen, darunter Mittelschulen, Kinderheime und Notunterkünfte, zusammen. Hier sind es die aufmerksamen Lehrer und Erzieher, die in enger Kommunikation mit dem Verein stehen und im Moment an die 800 junge Menschen an Dein München vermitteln.

Die Säulen des Programms bilden eine langfristige Förderung und die Ermöglichung der Teilhabe in den Bereichen Bildung, Kultur und Sport. Ähnlich wie eine Familie will Dein München die Kinder und Jugendlichen fördern, ihre Talente und Stärken zu erkennen und sie ganz nach Bedarf unterstützen.

Programme wie das große Bildungsprojekt No Limits, das aktuell 60 Jugendliche unterstützt, setzen ganz an der Basis an. Hier sollen die jungen Menschen ihre Stärken und Talente erkennen und sehen, dass sie in der Lage sind, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Im nächsten Schritt können ganz individuell konkrete Projekte angegangen werden. Kann eine weiterführende Schule besucht oder eine Ausbildung angestrebt werden?

Wie sieht eine Bewerbungsmappe aus? Kulturelle Angebote wie Kinobesuche oder Theater können genauso in Anspruch genommen werden, wie Sportkurse oder individuelle Förderungen in Musik oder Kunst. Hier verlassen die jungen Münchnerinnen und Münchner ihre gewohnte Umgebung, treffen auf Vorbilder und erfahren, dass Lebenswege nicht immer geradlinig verlaufen müssen und dass es immer einen Ausweg aus ihrer Situation gibt. Mara Bertling hat sich ein immer größeres Netzwerk aus Förderern aufgebaut und versucht mit Hilfe von Stiftungen, Sponsoring über Unternehmen, aber auch im städtischen Bereich genügend Gelder für ihre Arbeit zu akquirieren. Hartnäckigkeit gepaart mit einem Fünkchen Dreistigkeit haben ihr dabei den Weg geebnet.

Man muss mit viel Optimismus ausgestattet sein

Was der engagierten Geschäftsführerin aber nach wie vor aufstößt, ist unser tradiertes Bildungssystem. Hier würden durch hartnäckiges Aussieben jungen Menschen schon früh viele Wege versperrt. Außerdem wäre ein fächerübergreifender Unterricht weitaus sinnvoller als die strikte Trennung
der einzelnen Bereiche. Überhaupt brauche es in Deutschland eine gesamtgesellschaftliche Vision, hier sei aber die Politik gefordert. Erst wenn hier mit einer klaren Idee übergeordnete Ziele definiert werden, kann Integration dauerhaft gelingen.

Gemeinsam mit ihrem Team will Mara Bertling den jungen Benachteiligten eine Stimme geben, ihnen auf Augenhöhe begegnen und sie begleiten, bis sie selbst auf eigenen Beinen stehen können. In einer Stadt, in der man Armut so wenig sieht wie in München.
Dein München e. V., Kunigundenstraße 61 Rgb, 80805 München, dein-muenchen.org

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