© Aboo Talebi

„Wir waren kleine Rowdys“

Mit Film und Fernsehen hatte Mike Marzuk eigentlich nie viel zu tun. Doch mittlerweile arbeitet der Papa von drei Kindern als Drehbuchautor, Filmeditor und Filmregisseur. Seine Kinofilme erfreuen besonders Kinderherzen. Himbeer sprach mit Marzuk über Filmstars, „Fünf Freunde“ und gemeinsame Fernsehabende mit der Familie.

Herr Marzuk, wie lange dürfen Ihre Kinder am Tag Fernsehen schauen?

Das Fernsehen spielt bei uns keine große Rolle, steht nicht so im Mittelpunkt. Fanny ist jetzt acht Jahre alt, Theo sechs, kommt bald in die Schule. Und Mika, unsere Kleinste, zarte sieben Monate. Mit Fanny habe ich, bis sie sechs Jahre alt war, nur an Wochenenden ab und zu mal Fußball geschaut. Was meine Kinder sehr mögen, sind am Abend die Nachrichten aus aller Welt von „Logo“ auf dem Kinderkanal. Auch Zeichentrickserien wie Pink Panther, Heidi, Barbapapa oder Pinocchio sind angesagt.

Das wär’s?

Okay. Am Samstagabend sitzen wir gerne alle zusammen vor der Flimmerkiste, machen es uns auf dem Sofa bequem, suchen uns einen Film aus und genießen die gemeinsame Zeit – fast schon ein kleines Familienritual.

Haben Sie als Kind viel Fernsehen geschaut?

Nein. Ich komme vom Land, bin in Kaufering aufgewachsen – ein Dorf in der Nähe von Landsberg am Lech. Da spielte das Fernsehen eher eine Nebenrolle. Ich habe zusammen mit meinen Freunden die Welt vor unserer Haustür entdeckt, indem wir durch Wiesen und Wälder gestreift, viel geradelt und wild herumgeklettert sind. Auf Baustellen haben wir uns heimlich die Flaschen der Bauarbeiter geschnappt und mit dem Pfand ein paar Süßigkeiten gekauft. Wir waren schon so kleine Rowdys.

Aus dem Rowdy ist ein Filmregisseur geworden.

Das war reiner Zufall. Ich bin da sehr spät reingerutscht. Vorher hatte ich mit Freunden Musik gemacht, verschiedene Studiengänge ausprobiert, viel in der Gastronomie gearbeitet und mich schließlich für eine Ausbildung als Hotelfachmann entschieden. Danach versuchte ich mich nochmal als Musiker, konnte damit jedoch nicht so richtig Geld verdienen. Und so landete ich mit Ende 20 über einen Freund bei der Werbefilmproduktion Samfilm. Vielleicht macht mir das ja Spaß, dachte ich.

Und?

Als Praktikant fing ich in der Postproduktion an, lernte so das Cutten, also einen Film zu schneiden. Kurzfilme und Werbefilme standen auf unserem Programm. Irgendwann habe ich dann Andreas Ulmke-Smeaton von Samfilm eine Filmidee gepitched, die kam gut an. Ich sollte ein Drehbuch schreiben. Und plötzlich stand ich hinter der Kamera, führte Regie und drehte einen Film.

„Weißt was geil wär…?!“ – Ihr erster Kinostreifen, für den Sie den „New Faces Award“ für den besten Debütfilm erhalten haben.

Genau. Eine Low-Budget-Produktion, die 2007 in die Kinos kam. Danach wollte ich jedoch nie wieder einen Film machen.

Was?

Das Ganze war mit sehr viel Stress und Action verbunden. Das hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt. Doch Ulmke-Smeaton von Samfilm bot mir kurz darauf eine weitere Kinoproduktion an, bei der ich Regie führen sollte. „Sommer“ hieß der Jugendfilm, der mir von der Geschichte her gut gefiel. Und so ging es dann doch weiter…

Im März läuft nun das bereits fünfte Abenteuer der „Fünf Freunde“ von Ihnen auf der Kinoleinwand. Wie läuft so eine Filmproduktion ab?

Insgesamt bin ich gut ein Jahr mit einem Film beschäftigt. Eher länger. Davon im Schnitt um die 40 Drehtage. Zuvor natürlich Casting, Location-Checks und unzählige Besprechungen. Nach dem Dreh geht’s in die Postproduktion – mit Filmschnitt, Ton und dem ganzen drum und dran. Alles in einem fünf, sechs Monate, in denen ich sehr viel arbeite und oft nur an den Wochenenden bei meiner Familie bin, wenn wir in Deutschland drehen. Bei dem neuesten Fünf-Freunde-Film habe ich aber auch das Drehbuch geschrieben. Somit war ich bestimmt insgesamt 20 Monate mit dem Film beschäftigt. Ist immer eine sehr intensive und spannende Zeit.

Was sagt Ihre Familie dazu?

Meine Frau und ich – und natürlich auch unsere Kinder – spielen da sehr gut zusammen. Bei Dreharbeiten in Thailand hatten wir das mit unserem Familienurlaub verbunden. Außerdem habe ich ja vor und nach einer Filmproduktion umso mehr Zeit für meine Familie. Da bringe ich meine Kinder in den Kindergarten oder in die Schule, spiele und tobe mit ihnen herum. Oder gehe mit unserem vierten Kind Juni, unserem Hund, im Englischen Garten spazieren. Das tut mir sehr gut. Ich bin ein Familienmensch.

An neue Drehbücher und Kinostreifen denken Sie dabei nicht?

Doch. Mir schießen ständig neue Ideen in den Kopf, die ich dann auf Zetteln festhalte, die in unserer Wohnung überall herumfliegen. Besonders meine Kinder wirken sehr inspirierend auf mich, wenn sie spielen, lachen und manchmal auch weinen.

Was hat das heutige Kino für Kinder zu bieten?

Ich bin 1969 geboren, saß mit meinem Papa, als ich acht Jahre alt war, das erste Mal in einem Kino. Wir haben uns „Zwei außer Rand und Band“ angesehen – mit Bud Spencer und Terence Hill. Ein lustiger Klamauk. Heute gibt es immer noch Klamauk. Allerdings sollten die Eltern ganz genau darauf schauen, was sich ihre Kinder anschauen. Die „Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft“, also FSK, hat meiner Meinung nach zu wenige Alterseinstufungen. Sie fängt bei null an, geht bis sechs und weiter bis 12, 16 und 18. Da müsste mehr differenziert werden, gerade zwischen sechs und 12. Außerdem verstehe ich nicht, warum Mord und Totschlag bereits ab 12 Jahren freigegeben sind, etwas nackte Haut und Liebe ab 16 Jahren. Das passt für mich nicht zusammen.

Wie wichtig ist Freundschaft im Kino?

Freunde sind sehr wichtig, für jeden Menschen. Im Kino wie im wahren Leben. Denn Freundschaft ist ein Miteinander und Füreinander, hat viel mit Zusammenspiel und Zusammenhalt zu tun – in guten wie in schlechten Zeiten. Das spielt  auch in den Fünf-Freunde-Filmen immer eine wichtige Rolle. Und so freue ich mich, wenn die Kinder bei meinen Filmen Spaß haben und lachen – und dadurch auch etwas Schönes mit nach Hause nehmen.

> Infos zum Film unter www.himbeer-magazin.de/muenchen/lesen-hoeren-sehen

Text: Sebastian Schulke  Fotos: Niv Abootalebi, SamFilm | Marc Reimann