© Usedom Tourismus

Zeitreise Usedom

Usedom mit Kindern: Für Berliner Familien ist die Ostseeinsel auch nur für ein verlängertes Wochenende eine gute Idee – und in der Nebensaison vergleichsweise günstig, wie unsere Autorin Sandy Bossier-Steuerwald zu berichten weiß.

Sandys Bericht zu Usedom mit Kindern in der Nebensaison.

Von der Fußball EM über historische Kaiserbäder bis ins alte Persien

Die Gischt peitscht in Böen von der polnischen Ostseeseite herüber – nur gut, dass die Seebrücke vor Heringsdorf auf Usedom überdacht ist. Obwohl Plexiglas vor Wind und Wetter schützt, müssen wir die 500 Meter gegen den Seewind ankämpfen. Unsere Kinder haben die Kapuzen der Funktionsjacken tief ins Gesicht gezogen und genießen nach dreistündiger Autofahrt von Berlin die salzige Seeluft. Sie deuten verzückt auf das aufgewühlte Wasser, wo sich Möwen, Enten und Tauben von meterhohen Wellen schwindelerregend auf und ab schaukeln lassen, bevor diese sich tosend in der Brandung brechen.

Usedom mit Kindern: Strandleben an der Ostsee // HIMBEER
© Sandy Bossier-Steuerwald

Zwischen Restaurant und Sandstrand hält ein merkwürdig anmutendes Beton- und Stahlkonstrukt den Wellen stand: „Was ist das, Papa?“ fragt unser Sechsjähriger. Von dieser Bühne aus kommentierten Oliver Kahn und ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein die Fußball Europameisterschaft 2012, mit LED-Wand über der Ostsee und Abendrot im Nacken. Fast drei Jahre ist das her, herrjeh, wie die Zeit vergeht! Das gefällt unserem fußballbegeisterten Sohn. Seine Neugier ist unbegrenzt: „Und das da?“

In der Silhouette von Heringsdorf offenbart sich ein weiteres Relikt der Vergangenheit: Ein mehrgeschossiges Doppelgebäude im DDR- Plattenbauformat sticht durch seine Hässlichkeit hervor. Das heutige Kurhotel lässt sich weder übersehen noch schönreden, kommunistischer Chic eben.

Usedom mit Kindern: Impressionen der Kaiserbäder // HIMBEER
© Sandy Bossier-Steuerwald

Die „Ostseeresidenz Heringsdorf“ hatte ich erst einige Tage zuvor im Internet gefunden. Sie liegt im mittleren Ort der historischen Kaiserbäder Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck. Diese reihen sich im nordöstlichsten Zipfel Deutschlands wie Perlen einer Kette an der Küste entlang. Hier verbringen wir ein verlängertes Wochenende nach den Osterferien. Samstagmorgen nehmen wir das Frühstückbuffet im Wintergarten des benachbarten Hotels „Pommerscher Hof“ ein, welches ebenfalls zur Seetel Gruppe gehört. Auch wenn wir den Altersschnitt mit unseren drei Kleinkindern stark drücken, sind Hochstühle vorhanden und die Atmosphäre im Wintergartenrestaurant ist locker.

Usedom mit Kindern: Pommerscher Hof // HIMBEER
Pommerscher Hof © Sandy Bossier-Steuerwald

Danach geht’s zum 100 Meter entfernten Sandstrand, wo wir trotz aprilhaft wechselndem Wetter mit Picknickdecke, Buddelförmchen und Fußball verweilen. Nachmittags machen wir einen ausgedehnten Spaziergang über die Seepromenade ins benachbarte Ahlbeck. Hier entdecken wir herrliche Villen in erster Reihe zur See, offensichtlich allesamt seit der Wende restauriert. Die opulenten Gärten und Fassaden protzen vom 19. Jahrhundert, in welchem der preußische Adel seine Freizeit hier verbrachte. Unverkennbar, warum Usedom zu dieser Zeit als „Badewanne Berlins“ galt: Wir staunen über weiße Säulen vor meterhohen Veranden, maritim verzierte Fassaden und Seepferdchen- wie Muschelornamente in den Dachgiebeln.

Usedom mit Kindern: Architektur der Kaiserbäder // HIMBEER
© Usedom Tourismus

Die Kinder finden Gefallen daran, mit Rad und Laufrad Möwen, Kurgäste wie Rentner zu erschrecken und so setzen wir unsere Zeitreise auf der Promenade fort. Zwei kuriose Häuser stechen mit ihren dunkelbraunen Holzbalken, weiß-roten Fensterläden und geschwungenen Holzschnitten alpenländisch hervor. In den 30er Jahren wurden die Villen auf Usedom zwangsenteignet, im Nationalsozialismus gastierte hier ausschließlich die braune Elite. Darüber hinaus wurden im zweiten Weltkrieg die fortschrittlichsten Raketen seiner Zeit im nördlichen Peenemünde entwickelt. Die Vorstellung, dass regimetreue Ingenieure an strenggeheimer Kriegstechnik feilten, während sich ihre Frauen und Kinder am kilometerlangen Sandstrand vergnügten, ist makaber.

USEDOM MIT KINDER Muschelausbeute©Sandy Bossier 6912051
© Sandy Bossier-Steuerwald

Noch bis in die 1980er-Jahre blieb Usedom wenigen Auserwählten vergönnt. Auch zu DDR Zeiten kamen ausschließlich linientreue Bürger in den Genuss der Kaiserbäder. Heute sind die Besitzverhältnisse der meisten Villen geklärt, die Häuser wurden größtenteils aufwendig saniert und sind in privater Hand. In der Hauptsaison ist die Nachfrage groß, durch eine 100%ige Auslastung in den Sommerferien haben die Preise angezogen, die schwache Nebensaison ermöglicht dagegen ausgesprochen günstige Preise.

Ostseeresidenz Heringsdorf // HIMBEER
© Seele Hotels

Hervorzuheben ist schließlich noch die Wellness Oase „Shehrazade“ im Untergeschoß der Ostseeresidenz Heringsdorf, welche für die Kinder wie uns das I-Tüpfelchen des Wochenendes darstellt: Die 1.200 Quadratmeter große Wellness-Landschaft ist komplett in orientalischem Stil gehalten.

Ostseeresidenz Heringsdorf // HIMBEER
© Seele Hotels

Hier gibt es nebst dem 28 Grad warmem Pool, sprudelnde Gegenstromanlagen, Whirlpoolbänke, verschiedene Sauna-Varianten mit Eisgrotte und Erlebnisduschen, die wir ausgiebig nutzen. Sonntagabend endet unsere Zeitreise Usedom im alten Persien, ich erzähle unseren erschöpften Kindern das Märchen von Tausendundeiner Nacht, von Sultan Schahrayâr, seines Großwesirs und dessen wunderschöner Tochter Scheherazade.

Infos und Kontakt

Hotel Pommerscher Hof
Seestr. 41
17424 Seebad Heringsdorf
Insel Usedom
T: +49 38378 610
seetel.de

Anmerkung: Im Erdgeschoss der Ostseeresidenz Heringsdorf liegt das urige Usedomer Brauhaus. Da hier Freitag- und Samstagabends Life-Musik gespielt wird, sollte ein Apartment in einem der oberen Stockwerke angefragt werden. Als Eltern kommt man so übrigens in den Genuss von gutem Bier und Broiler, Babyphon vorausgesetzt!

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