© Sylvie Gagelmann

Gute Gründe: Julia und Charlotte von Momunity

Charlotte und Julia, Mütter von drei Kindern, wohnen mit ihren Familien in Berlin und haben Anfang des Jahres MOMUNITY, eine Networking App für Mütter gelauncht. Hier erzählen sie im Interview, wie es dazu kam und was Momunity will.

Wie war es für euch, Mutter zu werden bzw. plötzlich zu sein?

Julia: Mama zu sein, ist natürlich ein unbeschreibliches Gefühl und macht mich als Frauen irgendwie vollkommen. Aber neben all den glücklichen Momenten gibt es natürlich auch Kehrseiten. Vor allem die Lebensveränderung, die spätestens mit dem Tag der Geburt eintritt, war für uns tough. Das muss man erst einmal für sich annehmen und akzeptieren.

Charlotte: Ja, das stimmt. Während man für sein ganzes Leben Antworten gefunden hat, fängt man nach der Geburt plötzlich gefühlt wieder bei Null an. Wer bin ich, was muss ich tun, wie mache ich es richtig, was brauche ich dafür, wo geht die Reise hin? Auch wenn wir glücklicherweise hilfreiche Mutterinstinkte besitzen, bewegt man sich als frischgebackene Mama ja erst mal auf unbekanntem Terrain. Interessen verschoben sich, mein arbeitender Freundeskreis bröckelte nach und nach weg und wir zogen aus der City an den Stadtrand. Ich fühlte mich manchmal ganz schön isoliert. Keiner fragte mich mehr, ob ich Abends mit in die Bar komme, so wie sonst immer. Und kaum einer meiner Freunde hatte Lust sein Wochenende mit mir auf dem Spielplatz zu verbringen. (lacht)

Charlotte und Julia von Momunity
© Momunity

Wie kam es zur Idee von Momunity?

Charlotte: Mit dem ‚Mama sein’ wurde mein Wunsch nach neuen sozialen Kontakten sehr groß und ich freute mich über jede Mutter, die ich neu kennenlernte und mit der ich meine Nachmittage mit Kids verbringen konnte. Ich merkte schnell, dass ich Unternehmungen fortan lieber spontan plante, je nach Bedürfnislage. Autofahrten zu Freunden quer durch die Stadt versuchte ich wegen der Kids zu vermeiden. Stattdessen hielt ich mich auf Spielplätzen und in Eiscafes in meiner Umgebung auf. Ich sah so häufig Mamas alleine Kinderwagenschiebend oder irgendwo auf ner Bank sitzend – und ich wusste, dass auch sie sich wünschten, diese Zeit nicht alleine verbringen zu müssen, sondern lieber in Gesellschaft netter Gleichgesinnter wären. Das war die Geburtsstunde der Idee zu Momunity. Das ist jetzt vier Jahre her.

Muetter mit Kindern auf Spielplatz // HIMBEER
Sich auch mal spontan mit gleichgesinnten Müttern für den Spielplatz verabreden und Netzwerken © Sylvie Gagelmann

Wie ging es weiter? Und wie habt ihr euch als Gründungsteam gefunden?

Charlotte: Nachdem sich die Idee bei mir einnistete, fing ich mit den ersten Konzeptionen an. Ich entwickelte einen sogenannten Klickdummy und machte mich auf die Suche nach Supportern, Mitgründern und Möglichkeiten, Momunity zum Leben zu bringen. Irgendwann ging es nicht mehr so richtig weiter, sodass ich in einer Nacht und Nebelaktion entschied, das ganze erst einmal allein und aus eigener Kraft zu starten. Ich habe also mein ganzes Geld zusammen gekratzt, eine Firma gegründet und die App unter meiner Koordination entwickeln lassen. Irgendwann ist mir dann eine tolle Frau bei Facebook über den Weg gelaufen, die meine Vision bereits ganz unbedarft umsetzte, indem sie wildfremde Mamas für gemeinsamen Austausch und Support auf ihrer Dachterrasse zusammenbrachte. Ein Wahnsinns Fund, das war die Julia. (lacht)

Julia: … ja, und ich wurde dann von einer Frau angeschrieben, ob ich Lust auf ein Kennenlernen hätte. (lacht) Es folgten ein paar inspirierende Treffen und dann hat es zwischen uns „gefunkt“. Seither sind wir ein Duo.

Welche Schwierigkeiten gab es auf dem Weg zur Gründung von Momunity?

Charlotte: Ich glaube in der Gründungsphase stößt man immerzu und jeden Tag auf Schwierigkeiten – größere und kleinere. Ich würde sie aber eher Herausforderungen nennen, die man zu meistern hat. Nicht ganz einfach war tatsächlich die Entwicklung des Produktes selber. Es hört sich erst mal so einfach an, eine App zu entwickeln. Aber das ist mit enorm viel Hirnschmalz verbunden und vielen versenkten Euros, weil man falsche Annahmen getroffen hat. Deswegen war es genau die richtige Entscheidung hinsichtlich unseres App Developments auf eine schlanke Struktur zu setzen und erst einmal mit einem Produkt zu starten, das sich auf die wesentliche Funktionen beschränkt. So können wir genau identifizieren, was die Mamas da draußen wirklich brauchen.

Muetter mit Kind und Handy // HIMBEER
Freunde für die neue Lebenslage finden über die Momunity App. © Sylvie Gagelmann

Und wie funktioniert Momunity?

Charlotte: Grundsätzlich geht es bei Momunity um Austausch und Vernetzung mit Gleichgesinnten aus der Umgebung, gegenseitige Inspiration, Unterstützung und Stärkung sowie gemeinsame Unternehmungen. Das Herzstück von Momunity ist ein Newsfeed, in dem alle Beiträge ablaufen. Eigentlich ein bisschen wie bei Facebook, nur, dass sich der Newsfeed individuell auf die eigene Region anpassen lässt und ich damit Beiträge nach geografischer Relevanz filtern kann. In einer ‚Map’ kann ich sogar sehen, welche Mamas in der Nähe wohnen und ob jemand frei für ein spontanes Treffen ist. Jeder kann Beiträge Anderer kommentieren und natürlich eigene verfassen. Dabei bestimmt man mit jedem Posting erneut, für wen dieser bestimmt ist. Entweder für alle Momunity Moms oder eben nur einzelne Mamafreunde oder ausgewählten Gruppen.

Julia: Ja, und die Anmeldung ist super easy. Name, E-Mail-Adresse und ein Passwort. Danach bestimmt man einen Wohnstandort für die Ausrichtung des Newsfeeds und erstellt, wenn man mag, ein eigenes Nutzerprofil mit ein paar persönlichen Infos.

Wie ist das bisherige Feedback auf eure App?

Julia: Die Resonanz war von Anfang an großartig. Die Nutzerzahl steigt stetig und wir bekommen laufend Nachrichten von Mamas, die uns sagen, wie sehr sie sich über die App freuen, unsere Idee klasse finden oder uns unterstützen wollen. So ein Feedback geht natürlich runter wie Öl und bestätigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Ihr bezieht euch ja dezidiert auf die „Moms“, nicht die Väter – warum?

Julia: Das stimmt. Wir wollen Mamas einen geschlossenen Raum für Austausch und gegenseitigen Support bieten. Es gibt einfach eine Menge Themen, die Mütter ungern mit dem anderen Geschlecht besprechen möchten. Das reicht von intimeren Anliegen, bis hin zu solchen Erfahrungen, die nur Mütter machen. Also, ich persönlich möchte mich nicht mit Männern zu Stillpraktiken austauschen oder über Brustentzündungen unterhalten. (lacht) Und auch wenn es mittlerweile mehr und mehr Stay-at-home Dads gibt, was wir toll finde, sind es trotz allem nach wie vor immer noch vorwiegend die Mütter, die den Freizeitalltag mit den Kindern verbringen und dafür ihr soziales Netzwerk in der Umgebung ausweiten wollen.

Charlotte: Auch glauben wir, dass sich das Bedürfnis nach Vernetzung und Austausch zwischen den Geschlechtern nicht ganz deckt. Wir Frauen wollen alle Probleme bequatschen und treffen uns zum gemeinsamen Shoppen, Cappuccino trinken oder Waffeln backen. Dieses Vernetzungsinteresse konnten wir in unseren anfänglichen Recherchen bei den Männern einfach nicht feststellen. Aber hey, wir sind total offen dafür auch die Väter zu inkludieren, wenn der Bedarf groß ist. Vielleicht finden sich da draußen ja ein paar Daddys, die mit uns in die Planung gehen wollen. (lacht)

Momunity App Handy auf Fell
Moms, unite! © Momunity

Was ist eure Vision?

Charlotte: Erst einmal möchten wir Mütter stärken, ihnen ein glücklicheres ‚Mama sein’ ermöglichen und mit Momunity ein Tool an die Hand geben, welches sie besser durch die, teilweise sehr isolierte, neue Lebensphase bringt. Langfristig sehen wir Momunity aber auch als One Stop Shop Solution für jegliche lokale Services und Informationen, die Müttern den Alltag leichter machen.

Wie ist eure Einstellung zum Mutter-Werden in Deutschland, wo stehen wir, was denkt ihr, sollte anders oder sogar besser laufen?

Charlotte: Grundsätzlich denke ich, jammern wir auf hohem Niveau. Denn, auch wenn andere Länder da noch fortschrittlicher sein mögen, haben wir einen tollen Sozialstaat, der uns unterstützt. Manchmal empfinde ich die gesellschaftlichen Erwartungen an uns Mütter in Deutschland sehr hoch. Es findet viel Bewertung und schwarz-weiß-Denken statt, wie man Dinge zu machen und zu lassen hat. Das macht es mir manchmal nicht einfach, mich als gute Mutter zu fühlen. Dabei gebe ich wirklich alles für meine Kinder.

Was mich aber ärgert, ist, dass sich die Politik und Wirtschaft im Diskurs ‚Chancengleichheit für Frauen’ nun mit Frauenquoten rühmen, aber dabei in der Regel außen vorgelassen wird, dass wir nun mal das Geschlecht sind, das die Kinder bekommt – und davon mal abgesehen, wir für unsere Kinder auch da sein möchten. Es wird oft so getan, als ob Mütter leicht Karriere machen könnten, wenn wir es nur wollten. Aber die Strukturen sind noch längst nicht so, dass es uns Müttern gelingen könnte, Berufs- und Familienleben zufriedenstellend zu vereinen.

Man wird insgeheim vor die Wahl gestellt zwischen Karriere und Kind. Davon mal abgesehen, dass der Staat noch viel mehr gute Betreuungseinrichtungen zur Verfügung stellen sollte, muss aus meiner Sicht ein grundsätzliches Umdenken stattfinden. Die Arbeit der Mutter sollte viel mehr Anerkennung finden, Unternehmen müssen flexibler werden, was Arbeitszeitmodelle angeht – überhaupt glaube ich, ist das 8-Stunden-Tag-Modell von Gestern. Na, und ich denke, der Beruf des Erziehers sollte finanziell attraktiver werden. Es geht hier immerhin um das behütete Aufwachsen der nächsten Generation, unserer Zukunft.

Was wünscht ihr euch für euch und eure Kinder?

Julia: Auch wenn es klischeehaft klingt, aber Gesundheit. Und damit meine ich nicht nur unsere körperliche und geistige Gesundheit, sondern auch dass es unserem Planeten Erde gut geht.

Charlotte: Neben den elementar wichtigen Dingen wünsche ich mir, dass meine Kinder weiterhin in Freiheit und ohne Angst leben können. Ich wünsche mir, dass sie frei in ihrem Geist bleiben und sich nicht von Gedanken und Normen anderer einschränken lassen. Und, dass sie den Mut haben, Dinge zu bewegen und zu verändern und ihr Selbst verwirklichen können.

Welche Tipps habt ihr für frische Mütter, deren Leben sich gerade – so wie das eure – um 180 Grad dreht?

Charlotte: Scheut euch nicht nach Hilfe zu fragen, wenn ihr sie braucht. Tut euch mit Gleichgesinnten zusammen und unterstützt euch gegenseitig. Gemeinsam mit Anderen macht das ‚Mama sein’ einfach viel mehr Spaß.

Julia: Und Momunity runterladen! Hier findet man Tipps von vielen Mamas mit denselben Problemen & Fragen… besser geht es nicht.

 

Hier geht es zu Momunity.

 

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