Als Bindungsanalytikerin unterstützt die Heilpraktikerin für Psychotherapie werdende Mütter dabei, eine sichere Bindung zu ihrem Baby aufzubauen und sich mit ihm gemeinsam auf das Wunder der Geburt vorzubereiten.
Als Therapeutin und Mutter war es für Anja Schmid-Thomae naheliegend, sich mit dem Thema Bindung näher zu beschäftigen.
Was bedeutet die Bindung zwischen Mutter und Baby?
Wenn es um Bindung geht, kommen wir in Berührung mit unserem sensiblen Kern: Wir alle haben eine tiefe Sehnsucht nach Bindung, Nähe und Geborgenheit und nur in Verbindung mit uns selbst und anderen ist Wachstum möglich.
Mutterwerden als emotionaler Prozess
Mutter-Werden ist ein emotional sehr tiefgreifender und vielschichtiger Prozess. Die unterschiedlichsten Gefühle und Gedanken tauchen auf – gerne auch im rasanten Wechsel: Gefühle wie Freude und Erleichterung werden nicht selten von Sorgen, Stress, Überforderung, (Bindungs-)Ängsten, Scham- oder auch Schuldgefühlen überlagert.
Diese zu verstehen, wahr- und anzunehmen, kann vor, während oder auch nach der Schwangerschaft für das eigene seelische Gleichgewicht und damit auch unmittelbar für die Entwicklung des Kindes sehr unterstützend sein.
Und manchmal gibt es auch aus vorausgegangenen Schwangerschaften und Geburten noch etwas aufzuarbeiten und abzuschließen, um sich für Neues öffnen zu können. Es braucht dann vor allem viel Sicherheit, Sanftheit und Verständnis.
Schritt für Schritt begleite ich Mütter dabei, zu einem tieferen Verständnis für ihre Gefühle zu gelangen und den Kontakt zu sich, zu ihrem Körper und zu ihrem Baby zu stärken.
Die eigenen Bindungs- und Beziehungsmuster verstehen
Das Bewusstmachen und Verstehen eigener Bindungs- und Beziehungsmuster vor dem Hintergrund der individuellen Lebensgeschichte kann dabei ebenfalls sehr hilfreich sein. Es ermöglicht Wertschätzung für sich selbst und ist Basis für Veränderung.
Wie sieht dein Alltag als Gründerin und Mutter aus?
Voll. Aber ich will nichts davon missen.
In meiner Arbeit erlebe ich sehr viel Berührendes und der Austausch von Frau zu Frau ist unglaublich wichtig. Vor allem in der heutigen Zeit, wo viele Mütter auf sich allein gestellt sind.
Und da ist auch immer wieder der Anspruch alles perfekt machen zu wollen. Wir Frauen sind nicht selten durch die unzähligen Ratgeber für Mütter als auch durch das häufig sehr verklärte Bild von Schwangerschaft und Geburt verunsichert und verlieren dadurch unsere Intuition für uns und unseren Körper.
Das ist unglaublich schade und es bestärkt mich immer wieder darin, einen Raum zu schaffen, in dem Mütter wertfrei sein dürfen – mit all ihren Ängsten und Sorgen und ganz ohne Druck.
Es berührt mich immer wieder, was für kraftvolle Frauen den Weg in meine Praxis finden – mit dem innigen Wunsch, etwas zu verändern und über sich hinauszuwachsen.
Zu Hause ist dann Familie angesagt. Hier mag ich es gerne, mich treiben zu lassen. Mit Kindergarten, Schule und Nachmittagsprogramm sind die Tage ja ohnehin meist recht getaktet.
Am Schönsten ist es, wenn wir dann abends alle am Tisch zusammenkommen. Ich liebe das Stimmengewirr, wenn jeder von seinem Tag berichtet.
Was hast du dir ganz anders vorgestellt bevor du Kinder hattest?
Da fällt mir spontan eigentlich nur eine Sache ein und die hat nicht unbedingt mit meiner Vorstellung, sondern vielmehr mit meinem Erleben zu tun. Vieles kann man sich vorstellen bevor man Kinder hat, aber wie es sich dann tatsächlich anfühlt, das kann man vorher einfach nicht greifen.
Mein Sohn (13 Jahre) kommt zum Beispiel nun in ein Alter, in dem er sich immer mehr ausprobieren will und auch seine Grenzen testet, die Gruppendynamik tut ihr übriges dazu. Hier zunehmend loszulassen und immer wieder auf das Leben zu vertrauen, fordert mich im Moment immer wieder.
Dass solche Phasen eine Herausforderung sind, konnte ich mir schon, bevor ich Kinder hatte, gut vorstellen. Nicht aber das innere Erleben dazu. Es ist eine Mischung aus vielen, sehr tiefgehenden Gefühlen.
Wie würdest du deinen Erziehungsstil beschreiben?
Ich folge da sehr meiner Intuition. Viel Liebe, Vertrauen, Zuhören, Dasein und Grenzen sind wichtig. Als Bindungsanalytikerin habe ich natürlich allerhand hilfreiches Wissen mit im Gepäck.
Es begleitet mich wie ein innerer Kompass. Dennoch ist aber jedes Kind anders und es erfordert immer wieder ein Neues sich einstellen, sich orientieren und sich austauschen.
Es ist ein Lernprozess, bei dem man nicht zuletzt auch nochmal sehr viel über sich selbst erfährt.
Was tust du am liebsten, wenn du mal ohne Kinder bist?
Es sind die kleinen Dinge, die dann wertvoll sind: ein gutes Buch, ein Telefonat mit einer engen Freundin und das Bummeln mit meinem Mann durch die vielen kleinen, netten Läden, die es in München gibt. Und alles entschleunigt, bitte!
Was finden deine Kinder richtig blöd an dir?
Ich denke, es gibt immer wieder Situationen, in denen meine Kinder mich blöd finden oder auch wütend auf mich sind. Das gehört dazu und es ist wichtig, dass auch diese Gedanken und Gefühle sein dürfen.
Was ist das Schönste am Leben mit Kindern?
Oh, das geht ganz tief – ein tiefes Erleben von Verbundenheit, Liebe und Dankbarkeit.
Und diese Momente, in denen man innehält, weil man in seinen Kindern etwas entdeckt, was man selbst von sich (als Kind) kennt, sei es eine Geste, ein Gefühl, ein bestimmtes Verhalten oder eine Leidenschaft für etwas.
Das kann auch etwas längst Vergessenes sein und über die Kinder erinnert man sich plötzlich wieder daran. Das fühlt sich dann so an, als ob, es einen unsichtbaren Faden gibt, der alles miteinander verbindet. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Was ist euer liebstes Familienrezept?
Pasta – in allen Varianten. Aktuell ein Rezept für Lemonpasta, das mein Mann entdeckt hat. Es ist von Gennaro Contaldo – einfach herrlich im Sommer!
Was sind eure Lieblingsempfehlungen für Unternehmungen?
Wir wohnen in der Nähe eines kleinen Platzes. Am Wochenende trifft man dort Freund:innen und Bekannte aus dem Viertel, die Kinder toben herum, es gibt leckeres Essen in den umliegenden Restaurants und Cafés.
Daher zieht es uns meist gar nicht so in die Ferne. Und wenn dann fahren wir gerne in den Englischen Garten mit „der Kiste“ – unserem Lastenrad. Das ist seit der Geburt meiner Tochter nicht mehr wegzudenken.
Und es gibt in München viele tolle Museen, die auch für Kinder einiges zu bieten haben. Zu meinen Lieblingsmuseen gehören zum Beispiel das Lenbachhaus und die Villa Stuck – beide mit wunderbaren Innenhöfen, die nach dem Museumsbesuch zum Verweilen einladen.
Wie andere Eltern das Leben mit Kindern gestalten, lest ihr in unserer Interview-Reihe
7 Fragen an …
Praxis Anja Schmid-Thomae in München
Dr. rer. soc. Anja Schmid-Thomae
Privatpraxis für Psychotherapie (nach dem Heilpraktikergesetz),
Pränatale Bindungsanalyse und Beratung
Pariser Str. 27, 81667 München-Haidhausen
praxis-schmid-thomae.de