Die Ferien stehen vor der Tür und wir freuen uns schon riesig darauf mit unseren Kindern in alle Himmelsrichtungen auszuschwärmen! Reisen bildet, erweitert Horizonte, schafft bleibende Erinnerungen. Unsere Autorin Katinka Buddenkotte hat zwiespältige Erinnerungen an die Reisen ihrer Kindheit. Das reinste Vergnügen sind Fernreisen, ob mit Auto, Bahn, Flugzeug oder Schiff für und mit Kindern auch heute nicht ...
Viel Spaß hingegen hatten Fotografin Sarah Winborn und Kulissenbauerin Julia Tramm mit den Kindern, die für uns die verschiedenen Reisemittel inszenierten. Um euch den Weg in den nächsten Urlaub ein wenig zu erleichtern, haben wir unsere besten Reisetipps zusammengetragen und wünschen wahlweise gute Fahrt oder guten Flug!
Raus aus dem Alltag, auf zu neuen Zielen oder zu alten Sehnsuchtsorten. Okay, manchmal ist es auch nur ein Pflichtbesuch bei der Verwandtschaft, aber dennoch: Fernweh und Reisefieber sind die einzigen Krankheiten, von denen wir hoffen, dass wir unsere Kinder damit anstecken. Und wenn man sich entsprechend vorbereitet und folgende Tipps für das Reisen mit dem Nachwuchs beherzigt, kann auch fast gar nichts mehr schief gehen.
Lasst das Auto stehen
Und zwar nicht nur der Umwelt zuliebe. Denn tatsächlich sind auch die geräumigsten Familienkutschen nicht für Fahrten konzipiert, die bei voller Besetzung länger als eine Stunde dauern. Es ist nämlich erwiesen, dass jegliche Sitzposition auf der Rückbank eines Wagens dazu führt, dass sofort ein Druck auf die Blasen derjenigen Passagiere entsteht, die vor der Abfahrt angegeben haben, garantiert nicht mehr zur Toilette gehen zu müssen.
Da der Fahrer damit beschäftigt ist, sich an die Verkehrsregeln zu halten und das Navigationsgerät anzuschnauzen, liegen sämtliche pädagogische Aufgaben nun in der Hand des Beifahrers. Da dieser aber durch Proviantpakete, Unterhaltungselektronik und vielleicht noch einen Hund im Fußraum eingekeilt und so im Denken eingeschränkt ist, behauptet der: „Das könnt ihr noch ein bisschen einhalten. Wir machen erst an der übernächsten Raststätte Halt.“
Und da Kinder instinktiv wissen, wie man sich die Zeit vertreibt, beschließen sie, über ihre Grenzen hinaus zu wachsen. Und zwar wortwörtlich. Arme und Beine werden binnen Minuten länger, landen im Territorium des Geschwisterkindes, Knie bohren sich in Rückenlehnen, das Geschrei ist groß, vom Vordersitz aus heißt es: „Es gibt gleich kein Eis, für niemanden!“
An der Raststätte angekommen, verfällt man der Idee, dass mehr Platz im Wagen entstehen könnte, wenn man alles umpackt. Achtung: Die Idee ist fatal. Falls man sich bei der Weiterfahrt doch für einen Moment befreiter fühlt, liegt es daran, dass man einen Passagier an der Tankstelle vergessen hat. Nach einem gewagten Wendemanöver auf dem Parkplatz gibt es dann für alle zwei Eis zur Beruhigung, auch für den Hund.
Verzichtet auf Flugreisen
Euer Kind nimmt nicht genug Flüssigkeit zu sich? Bucht eine Fernreise! Denn die gute Flughafenluft sorgt dafür, dass plötzlich alle so durstig werden, dass sie sogar Wasser trinken wollen, und zwar vor, während und nach dem Sicherheitscheck. Stellt eure Nerven auf die Probe, während ihr euer Sechsjährigen nicht wirklich erklären könnt, weshalb so ein riesiger Stahlvogel tatsächlich fliegen kann, und eure Kleinkinder nicht nur laufen, sondern weglaufen lernen.
Gesetzt den Fall, dass eure gesamte Familie es tatsächlich in den Flieger schaffen sollte: Behandelt die Sitznachbarn (also alle im Umkreis von acht Sitzreihen) wie Könige: Teilt vor dem Abflug kleine Geschenktüten aus, bestückt mit Ohrstöpseln, Süßigkeiten und Geldscheinen. Nur so habt ihr die Chance, zwar am vorgesehenen Ankunftsort, aber dort nicht direkt in Abschiebehaft zu landen.
Denn leider gilt die Wahrheit „Kinder sind nun mal manchmal laut!“ über den Wolken nicht, wenn ihr mit einer Horde missgestimmter Business-Personen an Bord seid. Die verschwören sich gegen euch und behaupten, ihr hättet die Schlägerei angefangen.
Meidet Fernzüge
Wer zur Urlaubszeit Fahrkarten für die ganze Familie erstehen will, stellt schnell fest: „Für das Geld hätte ich auch einen Privat-Jet kaufen können!“ Daher gilt: rechtzeitig planen. Der Online-Erwerb von Fahrkarten ist noch aufregender als eine Auktion bei ebay, aber der Aufwand lohnt sich. Denkt nur an die strahlenden Gesichter, wenn ihr die Route beschreibt: „Von Berlin nach Juist, in nur sieben Stunden und drei Mal umsteigen!“ Geld sparen kann man auch bei Sitz- platzreservierungen, indem man diese einfach unterlässt.
Viel lustiger als das Mutter-Kind-Abteil (warum eigentlich nicht Eltern-Kind-Abteil? Traut die Bahn Vätern nicht zu, dass diese beim Aussteigen das richtige Kind mitnehmen?) sind übrigens Großraumabteile, in denen die lieben Kleinen zur Freude aller sich gerne genau die Person ausgucken, die am lautesten ins Handy quakt. Diese nehmen sie dann instinktiv ins Kreuzverhör („Wer ist da dran? Warum?“). Irgendwann sieht selbst das fleißigste Arbeitstier ein, dass es nun an der Zeit für den Feierabend und eine Partie UNO ist – das kann man schließlich auch als Nachwuchsförderung verbuchen.
Profi-Tipp: Verzichtet auf lästigen Ballast wie Schlafsäcke oder Isomatten. Die vergesst ihr eh spätestens beim zweiten Umsteigen im Gepäcknetz. Ganz wichtig: Vor der Abfahrt allen Familienmitgliedern einbläuen: „Falls wir unterwegs Sichtkontakt verlieren: Wir treffen uns am Strand. In zwei Tagen!“
Tut es, trotz Allem!
Denn nichts, wirklich gar nichts, übertrifft das Gefühl, gemeinsam zum ersten Mal salzige Seeluft zu schnuppern, oder die Nasen in den frischen Bergwind zu halten. Außer vielleicht der Austausch von Erinnerungen über diese Reisen, Jahre später, wenn man sich einig wird, dass der Zusammenhalt den Stress bei weitem überwogen hat und auch klar wird, dass man nicht nur ungeheuer viel Geld und Nerven verpulvert hat, sondern auch mal ein echtes Schnäppchen er- gattern konnte.
Ich denke da zum Beispiel an den Rückflug von Malta nach Düsseldorf, als ich elf Jahre alt und sehr schüchtern war. Ich starrte aus dem Fenster, und erst kurz vor dem Start wagte ich es, die Flugbegleiterin zu fragen, weshalb da die Nieten aus dem Flügel kullerten. Die Dame lächelte mich sehr freundlich und sehr lange an, dann wurden wir alle in ein anderes Flugzeug gesetzt. Meine Familie sogar in die Erste Klasse.
So mondän bin ich nie wieder gereist, aber das ist nicht schlimm. Viel wichtiger ist, dass ich in diesem Urlaub entdeckt habe, dass es überlebenswichtig sein kann, auch mal den Mund aufzumachen. Allerdings fürchte ich, dass der Rest meiner Familie nur auf den Moment wartet, an dem ich lerne, dass es auch sehr erholsam sein kann, wenn alle einfach mal die Klappe halten. Vielleicht geschieht das eines Tages. Aber bestimmt nicht während eines Familienurlaubes.