© Thomas Kierok

Lost and Found in Translation

Fremde Sprachen lernen sich leichter vor Ort und im direkten Kontakt mit Muttersprachlern als in ein paar Wochenstunden im Klassenzimmer – Autorin Katinka Buddenkotte weiß, wovon sie spricht, ist sie doch quasi in einem Sprachlabor aufgewachsen.

Schon als Kleinkind hat Katinka ihre ganz eigenen Erlebnisse in Great Britain gemacht. So lautet einer ihrer Merksätze: “Früh übt sich“. Diesen hat Fotograf Thomas Kierok beherzigt und sich mit seinen beiden Jungs nach London aufgemacht, wo sie die englische Sprache und Kultur begeistert aufgesogen haben. Besonders der “Union Jack“ hat es Mika (7) und Kolja (5) dabei angetan.

Fremdsprachen lernen: Sprachreisen für Kinder nach London // HIMBEER
© Thomas Kierok

Sprachtalente

Zum Fremdschämen brauchen wir gar keine privaten Fernsehsender. Ein kurzer Blick in die „Tagesschau“ genügt manchmal, um plötzlich mit hochrotem Kopf auf der Couch zu hocken, einige unserer hochrangigen Politiker bringen uns sogar dazu, zusätzlich herzhaft ins Sofakissen zu beißen.

Und das geschieht nicht (nur) aufgrund der mangelnden Fachkompetenz der Damen und Herren, sondern aufgrund ihres Totalversagens in nicht ganz so unwichtigen Nebenfächern: Sprachen. Man will ihnen durch den Bildschirm hindurch zurufen: „Guido, pass auf, jetzt kommt das Verb! Los, einen geraden Satz, wenigstens! Mein Gott, schlimmer wird’s nicht… Moment, wer ist das? Der Oettinger! Was tut der Mann? Er wird doch nicht… Neiiin!“

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Keine Angst vorm Sprechen – auch wenn fremde Sprachen einem manchmal nicht geheuer sind. © Thomas Kierok

Und selbst wenn wir uns aus der Schockstarre noch rechtzeitig haben lösen können, und den anwesendem Nachwuchs instinktiv die Finger in die Ohren gesteckt haben, wissen wir Eltern/Tanten/Babysitter tief im Inneren: „Der Mann ist ja auch auf eine Schule gegangen. Man munkelt, er habe sogar Abitur.

Und da sämtliche Reformen im Bildungswesen so vor sich hindümpeln, kann sich dieses Grauen wiederholen. Mein eigen Fleisch und Blut könnte eines Tages mitten in einem zivilisierten Land verhungern, weil es unfähig ist, sich dort auch nur ein Brötchen zu kaufen. Und wenn es doch versucht, in fremden Sprachen zu reden, wird sein furchterregender Akzent ihm alle Türen verschließen, mit gebrochener Zunge wird mein Kind in der Gosse enden – wenn ich jetzt nicht handele!“

Richtig, tun wir etwas! Aber was sollen wir genau tun, damit unsere Kinder sich möglichst spielerisch und ohne Nebenwirkungen einer fremden Sprache annähern, damit sie diese womöglich perfekt beherrschen? Vielleicht einen Zweitjob annehmen, über Leichen nach Canossa kriechen, damit sie einen der heißbegehrten Plätze an einer bilingualen Kita erhaschen? oder lohnt die Mühe nicht, ist es vielleicht schon zu spät, wenn wir uns in der Schwangerschaft nicht jeden Abend eine Stunde „Spanisch für Anfänger“ angehört haben, mit einem Extra-Kopfhörer über den Babybauch geschnallt?

Fremdsprachen lernen: Sprachreisen für Kinder nach London // HIMBEER
Weltoffene und sprachgewandte Kinder gewünscht? Probieren geht über Studieren! © Thomas Kierok

Und was ist, wenn ich das alles brav getan habe, aber mein Kind einfach keinen Bock hat, un pocito español, a little english oder auch nur un petit peu français zu sprechen? Keine Sorge, Hilfe naht. Es folgt der kleine Taschenratgeber von einer, die zwar nicht Linguistik studiert hat, nur eine Fremdsprache beherrscht und zudem stinkfaul ist, was das Lernen an sich angeht. Ihr fragt euch, weshalb ihr euch ausgerechnet meine Tipps zu Herzen nehmen solltet.

Nun, ich bin, wenn auch völlig unbeabsichtigt, in einem Sprachlabor großgeworden. Obwohl mein Vater einer der besten Menschen der Welt ist, ist auch er nicht makellos, denn er ist Englischlehrer. Ich korrigiere: Er ist der Englischlehrer und zwar mit Leib und Seele, und davon hat er viel.

Seitdem ich also denken kann, und wahrscheinlich auch vorher, waren bei uns zu Hause Briten zu Gast. So ungefähr jedes achte Wochenende, die Ferien waren von diesen Besuchen ausgeschlossen, da fuhren wir nach England, wo mein Vater Englisch unterrichtete – jeden Morgen drei Stunden lang. In diesen drei Stunden betranken sich meine Mutter, meine Schwester und ich, denn die einzigen Worte, die wir über die Lippen bekamen waren: „yes, please.“ Und zwar immer, wenn uns etwas „More tea or coffee, dear?“ angeboten wurde. Die netten Gastfamilien waren zu höflich, um mit dem Anbieten aufzuhören, also gossen wir Unmengen an Heißgetränken in uns hinein, den Rest des Tages verbrachten wir mit Ausflügen, der weibliche Teil der Familie immer auf der Suche nach dem „loo“, der Toilette.

Das Verrückte daran war, dass meine Mutter sehr wohl der englischen Sprache mächtig ist, sich aber damals selten traute, das Wort zu ergreifen, in der Angst, einen Grammatikfehler zu begehen. Sie nutzte also in den Abendstunden meinen Vater als Simultanübersetzer, es entstanden wohl amüsante Gespräche, und sogar ich als kaum Zweijährige hatte begriffen, dass die Engländer meine Mutter für eine gespaltene Persönlichkeit hielten: Morgens gierig und schüchtern zugleich, abends dank ihres Handlangers tonangebend und klug – ein bisschen wie Batman.

 

Merksatz 1: Wenn du dir, als Kind oder Erwachsener, unsicher bist, ob du korrekt in der fremden Sprache formulierst: Egal. Sprich!

Sonst wirst du dich nach drei Wochen verflüssigen. Selbst Briten finden es irgendwann nicht mehr höflich, wenn du ihnen die gesamten Teevorräte wegsäufst.

Wie gesagt, bei unseren ersten Besuchen bei Neil, Pat, Paul und Julie war ich ein Kleinkind, zudem das Nesthäkchen, sie alle behandelten mich wie eine kleine Prinzessin. Dadurch wurde ich zu einer kleinen Diktatorin und lernte genau ein weiteres Wort: „hesebess“. Elisabeth, wie es in geschriebener Form richtig ist, war die Schildkröte der Familie. Ich war verrückt nach dem Viech, obwohl es nur im Garten lag und schlief, oder zumindest so tat, egal, ich wollte den ganzen Tag nur „hesebess“ gucken. Es interessierte mich nicht, dass „hesebess“ eine „tortoise“ war, sie nach „our queen“ benannt worden war, oder gar, dass sie „probably terrible tired, dear“ war. Unwichtige Details, ich hasste es, wenn mich jemand zuquatschte, wenn ich im Dauerregen im Garten stand und „hesebess“ schaute.

Meine Eltern waren in der Zwickmühle: Einerseits konnte es wohl kaum einen günstigeren Babysitter als eine halbtote Schildkröte geben, andererseits drohte ich mir eine Lungenentzündung einzufangen,und drittens,so bemerkte mein Vater:„Hat das Kind enorme Probleme mit dem „th“. Aber das wird sich wohl auswachsen.“

 

Merksatz 2: Früh übt sich, klar. Lob tut gut, und es ist toll, wenn man die Interessen des Kindes mit dem Lernen einer neuen Sprache verbinden kann.

Aber vielleicht sollte man das Kind auch mal ein wenig herausfordern, gerade, wenn es sich für die Kaiserin von China hält. Und: Aussprachefehler ruhig mal berichtigen, sonst halten die sich ewig…

Beim nächsten Besuch in dem Londoner Vorort hatte es bei der Familie dramatische Entwicklungen gegeben: „hesebess“ war vom Rasenmäher überfahren worden. Ich schrie. Man fütterte mich mit „candy“ ab, ich schrie lauter. Man setzte mich vor den Fernseher, gab mir mehr candy, ich verstummte.

Das „Dschungelbuch“ konnte zwar nicht mit einer Schildkröte aufwarten, aber jeder Menge anderer Tiere, die lustig sangen und tanzten. Dann erblickte ich die Schlange Kaa und schrie, bis ich noch mehr Süßkram bekam. Natürlich war das pädagogisch wenig wertvoll, aber es war mein Geburtstag.

Ich kann mich noch genau erinnern, dass mein erster öffentlicher Termin als Dreijährige in einem Hospital stattfand, erstaunlicherweise um drei Uhr nachts. Gegen eins hatte ich kreischend behauptet, eine Schlange hätte mir in den Bauch gebissen, und da dieser tatsächlich auf seine vierfache Größe angeschwollen war, brachte man mich ins Krankenhaus.

Die Person, die den ersten Satz, den ich verstand, auf Englisch sagte, war eine sehr kleine, sehr übermüdete pakistanische Ärztin. Er lautete: „No more candy for you, you little spoiled brat.“ Ich schrie nicht. Noch heute sagt meine Mutter, dass sie diese Frau am liebsten als Hauslehrerin für mich nach Deutschland mitgenommen hätten.

 

Merksatz 3: Gute Lehrer findet man kaum, und wenn eher zufällig.

Dann werdet ihr merken, dass euer Kind sehr viel mehr von einer fremden Sprache versteht, als ihr je zu träumen gewagt hattet. Sogar komplizierte Sätze wie: „Wir könnten ihr auch den Magen auspumpen.“

Auf einem normalen Zuckerspiegel war ich ein ganz erträgliches Kind, also durfte ich mit in die große Stadt, Attraktionen schauen. Buckingham Palace, Piccadilly Circus, London Bridge, und natürlich Harrods, eines der größten Kaufhäuser überhaupt. Meine Mutter war wohl damit beschäftigt, für sich schwer genierende Schülerinnen Monatshygiene zu erstehen.

Kleiner Exkurs an dieser Stelle: Töchter werden ihre erste Regelblutung immer dann erleben, wenn ihre Mütter nicht zugegen sind, also gerne auf Klassenfahrten oder in Ferien-Camps. Psychologisch bestimmt interessant, für die Betroffene der reine Horror, egal, wie gut ihr eure Tochter darauf vorbereitet habt.

Jetzt ist es so, dass auch meine Mutter nicht mehr jeder Zwölfjährigen beistehen, und sie in fremden Landen zur Drogerie begleiten kann, daher: Legt dem Mädchen einen Zettel in den Koffer, in dem in jeder erdenklichen Sprache steht, wie das Zeug heißt, das sie braucht. Glaubt mir, sie findet es nicht mehr peinlich, wenn sie zu euch zurückkehrt, als, na ja, fast erwachsene Frau.

Kurzum, während meine Mutter wohl „sanitary towels“ erstand, sah ich mich um. In den unterschiedlichsten Stockwerken, bis ich ganz unten war, in der Delikatessabteilung. Wahrscheinlich plante ich, einen Ausguck von erhöhter Stelle zu beziehen, um nach meinen Eltern zu schauen, anders kann ich mir es jedenfalls nicht erklären, dass ich eine Sekunde lang auf einer Konservenpyramide saß, die dann zusammenbrach, und ich so ein paar Helfer für meine Suche rekrutieren konnte. Sprich das gesamte Personal redete beruhigend, aber auf Englisch auf mich ein und ich spürte: So wird das nichts. Meine Eltern können mich unmöglich finden, wenn ich nicht die Eigeninitiative ergreife.

Also schrie ich wieder. Bis heute bin ich das einzige verloren gegangene Vorschulkind, das ohne Lautsprecherdurchsage von Harrods wieder seinen Eltern zugeführt werden konnte. Obwohl die für meinen Geschmack eine Sekunde zu lange überlegten, ob sie zugeben sollten, dass ich zu ihnen gehörte.

 

Merksatz 4: Wägt ab zwischen unvergesslichen Ferienerlebnissen und der Stärke eurer elterlichen Nerven.

Und: immer eine gute Auslandsversicherung abschließen. Ananas in Dosen mögen nicht die Welt kosten, aber es summiert sich, wenn man Hunderte davon plattmacht, und das in einem Nobelkaufhaus. Nur so als Beispiel.

Trotz solcher Rückschläge gaben meine Eltern es nie auf, den Horizont und den Sprachschatz ihrer Kinder zu erweitern. Ich war etwa zehn, als sie sich entschlossen, Austauschschüler aufzunehmen. Im Prinzip eine tolle Idee, wenn man es allerdings übertreibt, findet man sich in einem einzigen Chaos wieder.

Und da meine Familie gerne übertreibt, wurde unsere Wohnung bald zu Neu-Babylon. Nicht nur, dass wir das halbe Jahr über zu gähnend langweiligen Empfängen ins Rathaus tippeln, potthässliche Gastgeschenke aus aller Herren Länder lächelnd annehmen, und uns um Transport und Verpflegung der Gäste kümmern mussten, vor allem durften wir uns flugs von dem Gedanken verabschieden, dass Englisch eine Weltsprache ist.

Reise mit Kindern nach London – Fremdsprachen vor Ort lernen // HIMBEER
Auch nicht schlecht – statt still im Klassenzimmer zu sitzen, anderen beim Stillstehen zuzuschauen. © Thomas Kierok

Alles, was die Jugend der Welt eint, ist die Angewohnheit, stundenlang das Bad zu besetzen, sowie in den späten 80ern auch noch das Festnetztelefon. Sowie sie den Apparat nach Stunden des Palaverns aus der Hand gelegt hatten, wurden unsere Austauschschüler stumm.

Sie hatten sich wahrscheinlich ausgequatscht, sie waren nur noch fähig, auf die Uhr zu deuten, wohl um anzuzeigen, dass das nächste Treffen mit ihrer Reisegruppe anstünde. Mein Vater war traurig, da er sich als schlechten Gastgeber wähnte, meine Mutter fürchtete irgendwann, völlig zu Recht, einfach auszurasten, und so machten sie den Laden nach ein paar Jahren dicht.

London mit Kindern // HIMBEER
Nicht nur die Fremdsprache, auch Mathe lernt sich quasi nebenbei, wenn man sein Taschengeld in fremde Währungen umrechnen muss. © Thomas Kierok

Projekt Europa, zumindest innerhalb unserer vier Wände, vorläufig gescheitert. Fazit: Unter all den Heuschrecken war auch ein wirklich nettes Mädchen dabei. Noch heute kann ich dank ihr ein paar Brocken Hebräisch, aber das benötige ich eher selten.

Das Schlimme an durch die Schule organisierten Austauschschülern ist, dass die Lehrer würfeln und man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit immer die abbekommt, mit denen keinerlei Interessenschnittmengen bestehen.

Immerhin kann ich noch heute auf acht unterschiedlichen Sprachen brüllen: „Beeil dich, ich muss da auch noch rein!“ Ungeheuer nützlich, vor allem, wenn man später mal bei der UNO arbeiten sollte, oder so.

 

Merksatz 5: Ihr habt Teenager daheim? Falls ja, überlegt kurz, ob ihr noch mehr davon benötigt, und sei es nur für kurze Zeit.

Für das Erlernen von Fremdsprachen gebe ich dem Modell „Austauschschüler“ immerhin Kreativitätspunkte, viel mehr werdet ihr aber in den Punkten: Logistik, Psychologie und Heimwerken (beim Bau des zweiten Badezimmers) herausgefordert werden.

Aber apropos Teenager: Alle Eltern haben sich eine Auszeit von ihnen verdient, und ich möchte betonen, dass es keine Rachegelüste waren, die meine Eltern dazu brachten, mich in ein Flugzeug zu setzen und freudig zu rufen: „Bis in sechs Monaten.“ Nein, ich hatte nur einmal zu laut genörgelt, wie langweilig, spießig und beklemmend ich es zu Hause fände.

Hätte ich gewusst, dass meine Eltern ein Polizistenehepaar in einem 1000-Seelen-Kaff in Connecticut kennen – ich hätte mich leiser beschwert. Genaugenommen war ich keine Austauschschülerin. Weder gab es einen Rückbesuch einer gleichaltrigen Amerikanerin, noch hätte irgendeine der seriösen Organisationen mich ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten gelassen.

Bei meiner Ankunft am JFK Airport trug ich ein T-Shirt mit der Aufschrift „Kein Blut für Öl“, ausgelatschte Doc Martens, eine alte Schlafanzughose am Körper und jede Menge Attitüde gegen das imperialistische System in mir. Was heute undenkbar wäre, wenn man länger als 24 Stunden in dem Land verweilen will, war auch damals schon kritisch.

Englisch in London lernen – Städtetrip mit Kindern // HIMBEER
Gut zuhören – Woanders ticken die Uhren anders – oder spielen gleich stündlich Händelsche Melodien wie Big Ben. © Thomas Kierok

Hinzu kam, dass ich die Sprache nicht verstand. Ich hatte ja nur fünf Jahre lang Englisch in der Schule gelernt, und damit hatte ich keine Chance. Ich verstand kein Wort von dem, was meine Gasteltern nuschelten. Also sagte ich zu allem: „yes, please“, wie ich es aus Kindertagen kannte. Auf diese Weise habe ich in den ersten Wochen etwa eine halbe Kuh in Burgerform verschlungen, unentgeltlich die Zeitungsausteiler-Route meines Gastbruders übernommen und wäre wohl auch dem Wrestling-Team der Schule beigetreten, wenn ich da nicht endlich gemerkt hätte: „Jetzt hilft kein Schreien mehr. Jetzt bist du auf dich allein gestellt. Du musst diese Sprache lernen.“

Also verkroch ich mich, wie ich es gelernt hatte, drei Wochen im Badezimmer, dann erhob ich mich, und nuschelte los. Für meine Mitschüler blieb ich ein Freak, weil ich im Grunde meines Wesens nicht zu amerikanisieren war: Statt meinen Gasteltern die Autoschlüssel abzuschwatzen fuhr ich Rad, ich wurde wieder zur Vegetarierin und sprach besser Französisch als die dafür bereitgestellte Lehrerin.

Wobei ich annehme, dass jeder Hamster mehr Sprachgefühl hat als „Madame“ Harrington. Die Amis bestätigten so manches Klischee und ich ließ mich ebenfalls nicht lumpen. Als es gerade für beide Seiten erträglich bis spaßig wurde, reiste ich ab. Zuhause hatte ich Probleme, wieder deutsch zu sprechen. Mein Englisch verstand keiner mehr.

 

Merksatz 5: Lasst die Kinder in fremde Lande ziehen, aber seid euch der Tragweite des Wortes Kulturschock bewusst.

Es kann sein, dass ihr ein ganz anderes Wesen am Flughafen abholt als das, was ihr Monate zuvor dorthin gebracht habt. Zum Trost: Das Wesen ist sprachbegabt. Es kann auch die eure wieder lernen…

Bleibt die spannende Frage: Spricht die Autorin nun verständliches Englisch? ja, doch, oft. Vor fast zwanzig Jahren habe ich bei einem Aufnahmetest in dem spannenden Fach „Nordmerikastudien“ den Test als eine der Besten bestanden, und zwar in Rekordzeit. Aber heutzutage haue ich im Gespräch schon mal kolossale grammatikalische Schnitzer in einen Satz hinein und ich wüsste aus dem Stegreif nicht, wie ich „Diätenerhöhungen“ übersetzen würde.

Fremdsprachen lernen: Englisch Sprachreise für Kinder nach London // HIMBEER
Should I stay or should I go? – Nicht nur The Clash-Fans kommen in London auf ihre Kosten. Überhaupt ist Musik ein gutes Vehikel zum Sprachenlernen. © Thomas Kierok

Aber, hey, die bekomme ich ja auch nicht, und letztendlich sind Fremdsprachen wie Sport, die Wörter wie Muskeln: „If you don’t use it, you loose it.“ Kinder sollten meiner Meinung auch nicht damit überfordert werden, vor allem nicht, wenn Mama und Papa derweil faul auf der Couch hängen, während das Kind sich abstrampelt.

Und letztendlich wird man auch bei Fremdsprachen nur zum Erlangen der persönlichen Bestform angestachelt, wenn man mit jemandem auf Augenhöhe sein will, den man liebt und schätzt. So habe ich heute noch Kontakt zu meiner ehemaligen Polizisten-Gastmutter, und es hat was ungeheuer Heimeliges, wenn sie den einzigen Satz auf Deutsch brüllt, den sie je gelernt hat: „Katinka, mach‘ hinne, ich muss da auch noch rein!“

 

 

Ein paar Adressen, wo man in Berlin bilinguale Freizeitaktivitäten, Schulen oder Kinderbetreuung findet, gibt es hier.