Jede Radreise ist eine Einladung, Wildnis zu entdecken und Lebendigkeit zu spüren! Wer will das nicht? Karen Rike Greiderer, Wahlbrandenburgerin und Lastenrad-Expertin, verliebte sich auf den ersten Blick – vielmehr bei der ersten Radtour – in die wunderschöne Natur rund um Berlin und hat seither viele Gegenden im In- und Ausland mit dem Rad bereist.
Wen könnte man also besser zu Radreisen mit Kindern befragen? Seit 2013 arbeitet die Soziologin und leidenschaftliche Pedalistin in der Fahrradbranche als Event- und Projektmanagerin, Autorin und Beraterin.
Ihren Familienalltag gestaltet sie autofrei mit Lastenrad und Fahrradanhänger im ländlichen Brandenburg.
Mit Runde Reise will sie es Familien und Frauen leicht machen, unvergesslich schöne Fahrradabenteuer zu erleben, besonders auf und mit (Leih-)eCargobikes.
Die Radreise-Expertin im Interview:
Liebe Karen, wie wichtig ist das Ziel?
Beim Radreisen mit Kindern pendeln Ziele in ihrer Wichtigkeit zwischen sehr wertvoll und sehr unsinnig. Die gute Seite: Ziele teilen Radtouren in appetitliche Häppchen wie Eisdiele, Spielplatz, Badestelle.
Ziele geben uns das Gefühl, etwas Tolles aus eigener Kraft geschafft zu haben. Wenn der schönste Nebeneffekt des Radreisens – nämlich im Moment sein – aufgrund von Zielfixiertheit verschwindet, dann war „das Ziel im Weg“.
Bezüglich Reiseziel im Allgemeinen gebe ich gern den Tipp, sich zu Beginn der Planung ehrlich zu fragen „Wo muss ich hin, um das, was ich erleben möchte, zu erleben?“ Vieles, was wir in der Ferne suchen, liegt vor der Haustür.
Wie fange ich an, schöne und geeignete Radwege zu finden?
Guckt nach touristischen Radwegen. Diese werden über Tourist:innen-Informationsstellen beworben und sind in der Regel hübsch, ruhig, sicher, abwechslungsreich und familientauglich.
Touristische Routen lassen sich beliebig verknüpfen – stöbert dazu auch in Fahrrad-Apps wie Komoot.
Wie strukturiert man die Strecke, wie viele Pausen sind wichtig?
Ein Radtag mit Kindern beginnt im Rollen. Ein lustiges Spiel im Radsattel kann helfen. Ältere Kinder können mit der ersten tollen Pause motiviert werden. Die Menge an Pausen ist völlig tagesformabhängig.
Ganz pauschal: Radelnde Kinder brauchen regelmäßig Erholung vom Radsattel. Je nach Typ heißt das entweder Tobezeit oder Lese- und Kuschelzeit.
Kinder im Lastenrad wollen sich ebenfalls regelmäßig die Füße vertreten. Sonst rufen sie am Ende der Tagestour – wenn alle müde sind – „Action“!
Ist es sinnvoll, die gesamte Reise durchzuplanen und alle Unterkünfte vorab zu buchen?
Ich empfehle bei Radreisen unter zwei Wochen sowohl Unterkünfte, Zeltplätze als auch die Route vorab zu buchen und klar vor Augen zu haben. So behält der Urlaub seinen entspannten Charakter und alle haben eine gute Zeit.
Je länger die Radreise dauert, je weiter sie von der Hauptsaison entfernt liegt und je unattraktiver die Reiseregion, desto mehr Spontanität darf sein.
Was muss unbedingt alles mit, was darf zu Hause bleiben?
Es spielen viele Faktoren mit rein: Fährt man E-Bike oder Biobike – also ohne Motor? Radeln die Kinder selbst oder sind sie Copilot:innen – was weniger Platz im Hänger oder Lastenrad bedeutet.
Zu welcher Jahreszeit und in welcher Region wird geradelt? Unsere Basisausstattung besteht nebst wenig und passender Kleidung aus Miniküche, Taschenmesser und Sitzmatte, Zeckenzange, Gummistiefel bzw.
Regenset für alle, Vorlesebuch, Bluetooth-Box mit Offline-Hörspiel und Playlist fürs Radeln sowie ein langes Seil mit Eimer und Buntstifte. Was auf jeden Fall daheim bleibt: Spielzeug, das nicht nass werden darf, das große Badetier und zu viele Klamotten, die schlecht trocknen.
Wie steht es um die Verpflegung unterwegs, welche Notrationen sind essenziell?
Gesunde als auch verführerische Snacks sowie genug Wasser für alle und einen Not-Riegel im Geheimfach der Elterntasche – das muss sein. Als Backup sind bei uns Nudeln, Maiswaffeln, Aufstrich und eine Tube Tomatenmark mit dabei.
Wie bereiten sich Familien am besten vor? Ist ein Training oder Reparatur-Crashkurs sinnvoll?
Alle Räder werden vor Beginn der Radreise in der Fachwerkstatt gecheckt und haben neue, plattensichere und korrekt aufgepumpte Reifen. Reparatur-Skills beschränken sich auf Platten-Flicken, Sattelhöhe und Lenker nachjustieren, Reifendruck optimal halten.
Es ist hilfreich zu wissen, wo auf der Reiseroute Radläden liegen, die einem bei Bedarf helfen. Ein Training braucht es nicht.
Eine Radreise mit der Familie soll Spaß machen – sie sind keine sportliche Challenge! Wenn Eltern oder Kinder „mehr“ brauchen, lieber Extrarunden drehen, statt längere Etappen planen.
Kinder sollten die Möglichkeit bekommen, aus der Freude heraus zu radeln – ein Anhänger, ein Lastenrad oder eine FollowMe-Tandemkupplung bringen da viel Leichtigkeit für alle. Kinder sind bei der Tagesgestaltung gefragt.
Eltern sollten dazu das Angebot auf der Strecke kennen und dann dieses zur Auswahl geben: Ponyhof oder Kletterpark? Pizza oder Pommes? Feuerwehrmuseum oder Schloss? Bitte den Kids aber besser nichts in Aussicht stellen, was man vielleicht nicht einhalten kann. Das geht nach hinten los!
Was vergisst man schnell, welche Situationen werden unterschätzt?
Ich leide unter Camping-Demenz. Also: Ich vergesse von Jahr zu Jahr, wie viel zu tun ist, wenn wir mit den Kindern campieren und alle paar Tage weiterradeln. Dabei erinnere ich mich einfach nur an die schönen Momente!
Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist, was es mit uns „Drinnenmenschen“ macht, so viel draußen zu sein. Unsere Tochter verkriecht sich dann gern mal im Anhänger oder Lastenrad. Sie braucht ein Dach!
Wie steht es um die Sicherheit? Können radweglose Landstraßen mit Kindern genutzt werden?
Landstraßen sind mit Fahrrad und Kindern zu meiden. Leider lassen sich Etappen gelegentlich nicht anders verknüpfen. Dann ist es wichtig, die Strecke zügig zu meistern. Ich bitte an der Stelle das Selberfahrer-Kind ins Lastenrad und hänge mir – für mein Sicherheitsgefühl – eine Neon-Schleife um – Licht an und los!
Was macht man bei Gewitter?
Bei Gewitter: unterstellen, abwarten, genießen! Genau DAS sind die unvergesslichen Momente, die das Radreisen aufregend und ereignisreich machen.
Wie findet man Gleichgesinnte und Mitradler:innen?
Gleichgesinnte trifft man am Rad – auf dem Schul- oder Kindergartenweg oder bei der nächsten Kidical Mass-Fahrraddemo. Auf Instagram ist auch die eine oder andere spannende Fahrrad-Familie zu finden oder im Rahmenprogramm von Fahrradmessen.
Kannst du Erfahrungsberichte, Blogs oder Service-Seiten empfehlen?
Basiswissen für alle gibt’s online beim ADFC. Der Austausch unter Radreise-Familien ist noch recht gering. Wir sind einfach noch nicht so viele – aber wenn wir uns unterwegs treffen, gibt es ganz viel zu erzählen!
Welche Reisen bietest du bei rundreise.com an?
„Kommt in die Felder, Seen und Wälder“ – so heißt mein Urlaubsangebot für Familien auf Miet-Lastenrädern mit Motor. Die malerische Rundtour führt an viele liebenswerte Fleckchen im Nordosten Brandenburgs.
Start und Ziel ist Eberswalde, etwa 20 Zug-Minuten von Berlin Hauptbahnhof. Auch die Übernachtungsorte passen zu den Bedürfnissen von Familien: Planwagen am Pferdehof, Bauwagen, Schlummerfass und Bauernhof …
Und damit das mit dem Abenteuer und der Erholung auch wirklich klappt, gibt es für Kinder ein Abenteuer-Kit und für Eltern ein Relax/Rewild-Kit mit auf die Reise. Und ich leite Radkreise-Auszeiten. Das ist eine ganz neue Verbindung von Fahrradtour und Frauenkreis.
Welche Erlebnisse auf einer Reise mit Rad bleiben dir für immer in Erinnerung?
Letztes Jahr im Sommer radelten wir als Familie nach Bornholm. Mit den Rädern gelangten wir an die schönsten Übernachtungsplätze – mitten in der Natur!
Über unseren Köpfen rauschte der Wald – zu unseren Füßen rauschte das Meer – im Zelt schlummerten die Kinder mit roten Backen und sandigen Füßen und das für viele Wochen.
Wir waren völlig aus der Zeit gefallen und folgten unseren eigenen Familientakt. Das war WOW!
Alles rund ums Thema Familienurlaube:
Reisen mit Kindern
https://muenchenmitkind.de/familienleben/reisen/fahrradtour-mit-kindern-berlin-ostsee/