STADTGESTALTEN: Thomas Liljeberg ist der neue Chef des FEZ-Berlin in der Wuhlheide. Für 2015 hat er viel vor – insbesondere: das FEZ mehr in die Mitte der Stadt zu holen.
Thomas Liljeberg ist dieser Tage ein gefragter Mann. „Er ist noch im Gespräch“, sagt seine Sprecherin Marion Gusella und führt daher erst mal auf Besichtigungstour durch das Gebäude. Vorbei geht’s an Gerüstarbeitern, die im Foyer Attraktionen für das nächste Wochenende aufbauen, über die große Freitreppe, an der nebenan Kinder durch Spielgerät-Würfel tollen.
Im Alice-Museum basteln Schüler – das Kino und die drei Veranstaltungssäle, die Marion Gusella aufschließt, sind hingegen leer. „Lassen Sie die Tür ruhig auf, wir wollen hier auch rein“, sagt ein Mitarbeiter mit einem weiteren Besucher-Trupp im Schlepptau.
Seit Jahresbeginn ist nun Thomas Liljeberg der neue Herr im Haus. Parallel zu den letzten Monaten seines Vorgängers Lutz-Stephan Mannkopf hat er sich eingearbeitet und von ihm viele Tipps bekommen, wie sich Europas größtes Freizeit- und Erholungszentrum führen lässt. Er sprach ausführlich mit Mitarbeitern, verschaffte sich einen Überblick über die 13.000 Quadratmeter Innenfläche und 200.000 Quadratmeter große Außenanlage, welche sich das FEZ mit der Landesmusikakademie Berlin als gemeinnützige Betriebsgesellschaft teilt.
„Das Haus ist so groß, dass ich auch nach drei Monaten noch neue Ecken kennenlerne“, sagt Liljeberg. Der 52-Jährige tritt in große Fußstapfen. Sein Vorgänger hat das FEZ-Berlin nach der Wende vor der Abwicklung bewahrt; dem einstigen Pionierpalast der DDR zu neuer Größe verholfen. „Früher hatte Berlin zwei Paläste – heute steht noch einer“, sagt Liljeberg, der in Weimar geboren und mit 14 Jahren nach Berlin gekommen ist. Den Namen hat er vom schwedischem Landadel seines Großvaters, er selbst ist Berliner durch und durch. Das hört man am Dialekt, merkt man an der sympathisch unprätentiösen Art.
Schon als 14-Jähriger stand er im FEZ an der Freitreppe, wenn es Theateraufführungen gab. Für ihn ist sie bis heute der schönste Ort im FEZ. Mit ihren flachen kindgerechten Stufen, auf denen Kindern so schnellen Schrittes nach oben laufen können, ist sie im Grunde die Stein gewordene Botschaft, die das ganze Haus ausstrahlt: Nimm dir die Freiheit, deine Gegenwart zu erkunden und deine Zukunft zu entdecken. „Bildung, Erlebnis, Kultur“ stellen die heutigen Eckpfeiler des FEZ dar, das auch vor schweren Themen nicht Halt macht: Sei es die Alltagskultur der DDR, der Umgang mit Geld oder Kinderrechte auf der ganzen Welt.
Als Kind wollte Thomas Liljeberg Lokführer werden, als Jugendlicher Regisseur. Den Jugendtraum hat er sich beinahe erfüllt. Als Dramaturg arbeitete er für verschiedene Theaterhäuser, über das Kulturamt Berlin-Mitte fand er zum FEZ. Vor den Errungenschaften seines Vorgängers hat er großen Respekt. Liljeberg möchte das fortführen, was Mannkopf angestoßen hat.
Drei Schwerpunkte hat er sich für 2015 gesetzt: Er will die interkulturelle Arbeit im Haus voranbringen, sprich: das Haus weiter für alle Kulturen öffnen sowie die 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch mehr für den Dialog der Kulturen sensibilisieren. „Zweitens möchten wir das FEZ mehr in die Mitte der Stadt bringen. Wir wollen noch präsenter sein.“ So wird künftig ein FEZ-Mobil durch die Stadt fahren. Kann man sich das wie den Wagen eines Zirkuswagens mit Sirene vorstellen? „Eine Sirene – gute Idee, das nehmen wir gerne auf“, sagt Liljeberg und lacht.
850.000 Besucher kommen im Jahr – Eltern wie Kinder, Spandauer wie Lichtenberger. Die aus dem Ostteil etwas mehr als die aus dem Westteil der Stadt, ansonsten zieht sich das FEZ-Publikum durch alle Bezirke, Bevölkerungsgruppen und Altersschichten. In der Woche kommen die Schulklassen, am Wochenende die Familien und in den Ferien locken die inszenierten Spielabenteuer, wie die „FEZitty“, die Kinder an.
Besonders junge Eltern nutzen die Angebote. „Daher wollen wir das FEZ nicht nur für Kinder, sondern ebenfalls für Eltern attraktiver gestalten.“ Seit Februar gibt es kostenloses WLAN, auch das gastronomische Angebot soll ausgebaut werden. Ganz wichtig ist Liljeberg, für die nächsten Jahre Eintrittspreis-Stabilität zu garantieren. Drei Viertel des Budgets kommen vom Land – ein Viertel steuert das FEZ durch Eintritts- und Vermietungsgelder bei.
Derzeit nutzen 30 Vereine die Räumlichkeiten, vom Verein für Kinderfilme, über den Schwimm- bis zum Modellbau-Verein.
Vom Superlativ, Europas größtes Familienzentrum zu sein, lässt er sich nicht unter Druck setzen. Ist das Haus für den prekären Landeshaushalt zu groß? „Nein, auf keinen Fall“, sagt er sofort. Der Bau aus dem Jahr 1979 sei klug entworfen, er füge sich harmonisch in den Wald der Wuhlheide ein und sei sehr kindgerecht.
Welches Spielgerät würde sich Liljeberg selbst aussuchen, wenn er noch mal Kind wäre? „Das orbitall“, sagt er schnell. Das verbinde am besten den Spaß am Ausprobieren, an Technik und an der Bewegung. Seine beiden Kinder sind längst aus dem Kindesalter heraus, er selbst hat noch mal 2014 geheiratet und den Doppelnamen Liljeberg-Markuse angenommen. Über sein Alter spricht der 52-Jährige indes nicht gerne, die 50 sei ihm nicht leicht gefallen. Dabei steckt er noch voller sichtbarer Begeisterung für seine neue Aufgabe, die gleichzeitig eine Herausforderung ist: die DDR-Geschichte des „Kinderpalastes in Köpenick“ zu bewahren – das FEZ aber auch fit für die Zukunft zu machen.
Am Schluss steht er für ein Foto vor der Freitreppe im Foyer. „Wenn die Kinder hier hoch laufen, geht mir jedes Mal das Herz auf“, sagt er. Kein Wunder: Im Grunde hilft auch er Kindern, damit diese nach oben kommen. Welch ein passender Ort für ein Abschlussfoto.