Für das erste Lebensjahr gibt es Bewegungskurse für Babys mit komischen Abkürzungen als Namen wie Sand am Meer – aber was macht man dort überhaupt und worin bestehen die Unterschiede?
Kleinkinder brauchen Bewegung. Das stellen immer mehr Eltern schon kurz nach der Geburt fest. Denn das sorgt für bessere Motorik, gesunde Entwicklung und nicht zuletzt für ein Baby, das abends müde ins Bett fällt. Aber es gibt so viele verschiedene Bewegungskurse für Babys. Besonders in Großstädten wie München ist das Angebot überwältigend.
PEKiP, Pikler, FABEL und FenKid oder doch lieber DELFI und ElBa? Wer blickt da noch durch? Was sind überhaupt die Unterschiede? Und wie finden wir den richtigen Kurs für uns? Gar nicht so einfach. Denn alle Programme setzen unterschiedliche Schwerpunkte. Deshalb erklären wir euch hier alles Wissenswerte über Bewegungskurse für Babys und Kleinkinder.
Wir können schon mal vorab verraten: Das Ziel aller Kurse ist im Großen und Ganzen ähnlich. Sie sollen die Eltern-Kind-Beziehung stärken und das Baby in seiner Entwicklung unterstützen. Kleinkinder bekommen hier den nötigen Freiraum, um alle Sinne zu entwickeln und sich auszuprobieren. Übrigens werden viele Kurse von den Krankenkassen bezuschusst. Kurse für Babys findet ihr auch im HIMBEER Kursverzeichnis
Eltern-Kind-Turnen
Für Kinder ab dem Krabbelalter
Eltern-Kind-Turnen ist wohl das Angebot, worunter sich die meisten noch am ehesten etwas vorstellen können. Der Klassiker unter den Bewegungskursen für Kleinkinder. Hier können die Kleinen bereits ab dem Krabbelalter spielerisch ins Schwitzen kommen und sich ausprobieren. Dadurch stärken sie Motorik und Körperbewusstsein.
Vor allem im Herbst und Winter, wenn Spielplatzbesuche öfter ins Wasser fallen, ist das Turnen mit Gleichaltrigen in der Halle eine tolle Gelegenheit zum Rumtoben und Auspowern. Eltern, Großeltern oder andere Begleitpersonen sorgen dabei für den nötigen Rückhalt. So können die Kleinen frei und unbeschwert herumtoben.
Babyschwimmen
Für Babys ab drei Monaten
Viele Babys fühlen sich im warmen Wasser pudelwohl. Wahrscheinlich, weil es sie an die Zeit vor ihrer Geburt erinnert. Beim Babyschwimmkurs gibt es noch dazu jede Menge Körperkontakt zu Mama oder Papa und 30 Minuten ungeteilte Aufmerksamkeit fürs Kind.
Auch Eltern tut die Bewegung im beheizten Becken gut, besonders, wenn es draußen regnerisch und ungemütlich ist wie oft im Berliner Herbst und Winter. Aber bedenkt auch, dass das warme Schwimmbad besonders in der Erkältungssaison ein Eldorado für Krankheitserreger sein kann.
Für Babys mit schwachem Immunsystem ist Babyschwimmen daher nur eingeschränkt zu empfehlen. Für alle anderen eine super Sache! Denn nach so einem Schwimmbadaufenthalt sind die Eltern entspannt und das Baby schlummert abends ganz bestimmt selig.
Yoga mit Baby
Für Babys bis zum Krabbelalter
Beim Baby-Yoga werden sanfte Yogaübungen für Papa oder Mama mit entspannender Massage für das Baby verbunden. Dabei sollen Eltern und Kinder gemeinsam in Balance kommen. In Schrei- oder Spuckphasen ist das nicht wirklich erholsam.
Aber wenn euer Kind entspannt ist, kann Yoga mit Baby eine gute Möglichkeit sein, auch einmal selbst in den Flow zu kommen. Und für Kinderbetreuung müsst ihr währenddessen auch nicht sorgen, ein doppelter Vorteil!
Besonders für frischgebackene Mamas hat Baby-Yoga einiges zu bieten: Kurz nach der Schwangerschaft wird der Körper bei der Rückbildung unterstützt, denn die Sehnen sind hormonell bedingt noch gelockert. Spezielle Übungen für Beckenboden und Rücken kräftigen die Muskulatur. Und neue Energie tanken tut jetzt besonders gut.
Außerdem – selbst wenn man im Alltagstrubel meist gar nicht daran denkt: Das Stillen und Herumtragen von Kleinkindern schafft Verspannungen im Schulterbereich. Diese werden durch verschiedene Asanas beim Yoga gelöst. Regelmäßige Yogapraxis stärkt Eltern nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Daneben wird die Bindung zum Baby tiefer und intensiver.
DELFI
Für Babys im ersten Lebensjahr
DELFI steht für „Denken-Entwickeln-Lieben-Fühlen-Individuell“. Das Konzept von DELFI ähnelt in vielen Punkten dem von PEKiP: Die Entwicklung von Babys soll auf spielerische Weise unterstützt werden, der Kurs beginnt ebenfalls ab einem Alter von sechs Wochen. Auch hier erkunden die Säuglinge nackt einen warmen Raum. Die Gruppenleitung muss ebenfalls eine einjährige Zusatzausbildung absolviert haben.
Im Mittelpunkt von DELFI stehen die Beschäftigung mit dem Baby sowie Gespräche und Erfahrungsaustausch der Eltern. Durch Bewegung und Spiel soll eine gute Beziehung zwischen Eltern und Kind aufgebaut werden. Die DELFI-Kurse geben neuen Eltern mehr Sicherheit und Orientierung. Zusätzlich sollen sie zur optimalen Entwicklung des Kindes im ersten Lebensjahr beitragen.
ElBa
Für Babys ab der sechsten Lebenswoche bis zum ersten Geburtstag
Das zertifizierte ElBa-Konzept wurde vom Deutschen Roten Kreuz entwickelt. Die Abkürzung steht für „Eltern und Babys im ersten Lebensjahr“. Zielgruppe sind Eltern mit Nachwuchs ab der sechsten Lebenswoche. Der Kurs will euch bei allen Herausforderungen, die das frische Elternsein mit sich bringt, begleiten und unterstützen.
Dabei soll auch hier eine positive Eltern-Kind-Beziehung heranwachsen und die frühkindliche Entwicklung gefördert werden.
ElBa besteht aus mehreren Teilen: Wichtig sind Elemente der Ruhe und Entspannung. Zusätzlich gibt es einen Erlebnisteil voller Spiel-, Bewegungs- und Sinnesanregungen. Je mobiler und neugieriger die Kinder werden, desto mehr gemeinsame Erlebnisse, Spaß und Bewegung entstehen.
Aber auch ihr kommt in den jeweils 90-minütigen ElBa-Treffen nicht zu kurz: Der Gesprächsteil mit verschiedenen wichtigen Themen rundet den Kurs ab und liefert hilfreichen Austausch.
FABEL
Für Babys ab der zehnten Lebenswoche bis zum ersten Geburtstag
FABEL ist die Abkürzung für „Familienzentriertes Baby-Eltern-Konzept“. Ausgebildet werden die Kursleiter von der GfG-Familienbegleitung – der Gesellschaft für Geburtsvorbereitung, Familienbildung und Frauengesundheit. Beim FABEL-Kurs sollen im Gespräch mit anderen Eltern Fragen rund ums Baby behandelt werden. Ihr werdet begleitet und bekommt Beobachtungsaufgaben rund um euer Kind gestellt.
Daneben werden Spiel- und Sinnesanregungen sowie Lieder eingesetzt, um die Kleinen anzuregen. Der Kontakt zwischen Eltern und Kind wird in einer geschützten und entspannten Umgebung vertieft. Im freien Spiel kann der Nachwuchs sich individuell in seinem eigenen Tempo entwickeln.
Die Kursschwerpunkte wechseln hier zwischen kind-, mütter- und elternzentrierten Anregungen. Es geht um den liebevollen Umgang mit dem Neugeborenen. Daneben werden aber auch Veränderungen in der Partnerschaft angesprochen. Die Themen sind unter anderem Aufgabenverteilung, Rollenverständnis, Liebe und Zärtlichkeit, Zeit, Interessenausgleich und Alltagsorganisation.
Hier steht also nicht nur das Baby im Fokus, sondern auch die Eltern und deren Beziehung. Die speziell ausgebildete Kursleitung führt das Gespräch, lässt aber ausreichend Zeit und Raum für den Austausch der Eltern untereinander. Als Eltern könnt ihr Ideen und Fragen einbringen und Selbstvertrauen in eurer neuen Rolle entwickeln.
FenKid
Für Kleinkinder von drei bis 24 Monaten
Der Begriff FenKid steht als Abkürzung für „Frühentwicklung des Kindes“. Mit verschiedenem Spielmaterial wird die Entwicklung aller Sinne unterstützt. FenKid wurde 1998 von einem interdisziplinären Team der Beratungsstelle für Natürliche Geburt und Elternsein konzipiert. Seitdem hat es sich immer weiter entwickelt.
Als Grundlage dienen langjährige Erfahrungen aus der Bewegungspädagogik, vor allem die Bindungstheorie nach Ainsworth, Pikler und Grossmann und Erkenntnisse der Forschung zu frühkindlicher Bildung nach Montessori und anderen.
Das Ziel von FenKid ist es ebenfalls, Kinder in ihrer Bewegungs- und Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. Die Babys befinden sich in einer geschützten Umgebung. Diese erlaubt es ihnen, spontanen Bewegungsimpulsen zu folgen. Es gibt Spielmaterial, das die sensorische und motorische Entwicklung altersgemäß fördert. Damit soll die Kreativität der Kinder angeregt werden. Anstatt die Kleinen in irgendeiner Art Druck oder Erwartungen auszusetzen, sollen sie sich frei entfalten.
Ihr werdet beim FenKid-Kurs auch Lieder und Reime lernen. So können die Kleinen bald selbst mit Sprache experimentieren und sich ausprobieren. Streichel-, Krabbel- und Schaukelspiele machen Spaß und stärken die kindliche Körperwahrnehmung. Auch hier ist der Gruppenaspekt sehr wichtig: Erste Kontakte zu Gleichaltrigen regen die soziale Entwicklung an. In allen Kursen sind Kinder mit Entwicklungsverzögerungen oder Behinderung willkommen.
Im Verlauf des FenKid-Kurses werdet auch ihr immer sicherer: Denn eure Elternkompetenz und Handlungssicherheit wird gestärkt. Das bringt Gelassenheit in die Elternrolle. Außerdem gibt es spezielle Angebote für Väter, Alleinerziehende sowie Kurse auf spanisch und englisch.
PEKiP
Für Babys ab der sechsten Lebenswoche bis zum ersten Geburtstag, drei aufeinanderfolgende Kursstufen
PEKiP steht für „Prager Eltern-Kind-Programm“. Der Begriff ist geschützt, sodass nur zertifizierte Pädagogen Kurse leiten dürfen. PEKiP wurde Anfang der 1970er-Jahre von der Psychologin Christa Ruppelt entwickelt. Grundlage sind die Erkenntnisse des Prager Psychologen Dr. Jaroslav Koch.
Im PEKiP-Kurs liegen maximal acht gleichaltrige Babys für anderthalb Stunden nackt in einem warmen Raum auf dicken Matten. Die Neugier und der Bewegungsdrang der Kleinkinder wird gefördert. Dabei dürfen die Kleinen ganz frei alles tun, wonach ihnen ist: Spielen, krabbeln, Kontakt aufnehmen, schlafen. Verschiedenes Spielzeug soll zusätzlich die Sinne anregen.
Frei von Windel, Kleidung und Konventionen probieren die Kinder so aus, was sie schon können. Daneben lernen sie jede Menge: Mit drei Monaten schon nehmen Babys Blickkontakt untereinander auf. Und bald darauf kommunizieren sie miteinander, mit einem halben Jahr dann tauschen sie sogar Spielsachen. Es wird also neben der Motorik auch die soziale Ebene trainiert – im geschützten Raum eine super Vorbereitung auf die Kita.
PEKiP-Kurse legen den Fokus auf die Bedürfnisse des Säuglings, aber auch für euch Eltern sind die Kurse wirklich wertvoll: Hier könnt ihr euch austauschen, Fragen loswerden und Tipps teilen. PEKiP eignet sich auch gut für Kinder, die zu früh oder mit Behinderung geboren wurden.
Pikler
Für Babys ab der sechsten Lebenswoche bis zum ersten Geburtstag
Die ungarische Kinderärztin Emmi Pikler hat dieses Konzept, das für einen Bewusstseinswandel in der Kleinkindpädagogik steht, im 20. Jahrhundert erfunden. Nach ihrem Ansatz soll jedes Kind in seinem eigenen Rhythmus die Welt erkunden. Was Pikler-Kurse von allen anderen unterscheidet: Die Kinder werden überhaupt nicht zum Bewegen oder Spielen angeregt.
Ihr bleibt in diesen Kursen passive Zuschauer, die sich nicht einmischen. Das fühlt sich anfangs merkwürdig an. Ist aber irgendwann echt entspannt: Wer animiert schon gern den ganzen Tag lang Kinder? Auch beobachten und selbst etwas daraus lernen kann schön und befreiend sein.
Den Kleinen wird nicht geholfen, Spielgegenstände oder Bewegungsstufen zu erreichen, für die sie noch nicht bereit sind. Wichtig für die Pikler-Philosophie ist auch das Gespräch mit den Eltern und untereinander. Denn nur wenn ihr euch selbstbewusst und sicher in der Erziehung fühlt, gebt ihr Vertrauen an den Nachwuchs weiter und seid in der Lage, ihn einfach mal machen zu lassen.