„KulturRaum München e.V.“ bietet Freikarten für kulturelle Veranstaltungen an – das freut nicht nur Kinder, sondern die gesamte Familie. Am Wunschbaum am Schwabinger Christkindlmarkt kann jeder gezielte Wünsche erfüllen.
In dem roten Backsteinhaus drehte sich früher einmal alles um Wurst und Fleisch. Metzger gingen in der Zenettistraße 2 in München ein und aus. Als trauriges Überbleibsel liegt noch der „Bulle vom Schlachthof“ aus Bronze müde und matt auf einem Steinsockel. Doch die Zeiten haben sich geändert. Kleine Büros und Agenturen sitzen heute in dem Gebäude. Und vor allem Kinde und deren Eltern gehen im Haus ein und aus. Warum? Das erklärt uns Katharina Maurer vom „KulturRaum München“.
HIMBEER: Frau Maurer, Sie haben lauter kleine Plastikherzen in Ihrer Tasche. Wo kommen die her?
Katharina Maurer: Das sind Wunschherzen von Kindern, die bei unserem Projekt „KulturKinder München“ mitmachen, die aus einkommensschwachen Familien stammen. Deren Eltern haben oft nicht die finanziellen Mittel, ein Weihnachtsgeschenk zu kaufen. So steht nun bereits zum zweiten Mal auf dem Schwabinger Weihnachtsmarkt ein Wunschbaum, den wir mit den bunten Herzen geschmückt haben, auf die unsere KulturKinder schreiben, wie sie heißen, wie alt sie sind und was sie sich zu Weihnachten wünschen.
HIMBEER: Und diese Wünsche werden erfüllt?
Katharina Maurer: Jeder kann da Weihnachtsmann spielen. Die Besucher des Weihnachtsmarktes können ein Herz pflücken und sich an unserem Stand neben dem Wunschbaum mit Name und Telefonnummer registrieren. Außerdem bekommt jeder einen Zettel zu seinem Herzen, auf dem Tipps stehen, wie das Geschenk eingepackt werden sollte – mit schönem Papier und dem Namen des Kindes darauf. Ein paar Tage später kommen sie dann mit ihrem Geschenk wieder an unseren Stand auf dem Schwabinger Weihnachtsmarkt und geben es ab. Bis zum 16. Dezember können wir Geschenke annehmen, danach beginnt die Verteilung.
HIMBEER: Ist der KulturRaum München denn nur zur Weihnachtszeit aktiv?
Katharina Maurer: Nein, wir sind das gesamte Jahr über für Kinder und Erwachsene da und setzen uns als gemeinnütziger Verein für kulturelle Teilhabe ein. Denn München hat zwar viel Geld und Kultur, aber auch immer mehr arme und bedürftige Menschen. Die hohen Mieten und Lebenshaltungskosten machen gerade Familien das Leben schwer. Genau diese Menschen wollen wir unterstützen, ihnen einen kulturellen Zugang ermöglichen.
HIMBEER: Wie?
Katharina Maurer: Im Jahr 2011 haben wir den Verein „KulturRaum München e.V.“ gegründet. Wir wollten Raum schaffen, der es jedem Menschen ermöglicht, Kultur in München zu erleben. Wir sprachen mit kulturellen und sozialen Institutionen, die fanden unsere Idee gut, wollten uns direkt mit Freikarten unterstützen und das Angebot unter ihren Klientinnen und Klienten bekannt machen. Und so nahm das Ganze seinen Lauf. Mittlerweile versorgen uns insgesamt über 260 Partner aus der Kulturszene in und um München mit Tickets für Kinder und Erwachsene. Allein für unsere KulturKinder sind 70 Veranstalter aktiv, die uns mit Freikarten für Kino, Theater, Museen, Zirkus oder Konzerte beliefern. Im Bereich Kino und Musical bräuchten wir aber noch mehr private und kommerzielle Veranstalter. Auch Sportvereine können sich bei uns melden, die Freikarten für Spiele oder Turniere haben.
HIMBEER: Können Kinder da einfach so mitmachen?
Katharina Maurer: Nicht ganz. Unser Angebot ist für Jungs und Mädchen aus einkommensschwachen Familien bis zu 13 Jahren. Sie können sich über ihre Eltern oder soziale Einrichtungen bei uns anmelden. Jede Münchnerin und jeder Münchner, die Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld 2 beziehen oder den München Pass besitzen, können zu uns kommen. Zu unseren Gästen gehören auch Geflüchtete, Menschen mit Behinderungen und ihre Familien. Man muss auf dem Anmeldeblatt einfach nur ankreuzen, wofür man sich interessiert – Museen, Ballett, Experimentelles, HipHop, Jazz, Kabarett, Kleinkunst, Kinderprogramm, Lesungen, Kino oder Theater …
HIMBEER: Und dann?
Katharina Maurer: Wir rufen unsere Gäste entsprechend ihrer Interessen an und bieten ihnen Karten für eine kulturelle Veranstaltung an. Immer mindestens zwei Karten, genug für eine ganze Familie. Die Karten liegen dann an der Abendkasse. Ich stehe da auch in sehr engem Kontakt zu unseren Sozialpartnern und Kindern, gehe in Flüchtlingsunterkünfte, in Kinderheime, Pensionen für Wohnungslose, Häuser für Mutter und Kind, Beratungsstellen für Alleinerziehende oder Drogensüchtige sowie heilpädagogische Tagesstätten. Damit ich weiß, was die Kinder interessiert und wie unsere Tickets ankommen.
HIMBEER: Ferienkurse und Workshops gibt es auch noch?
Katharina Maurer: Ja, die sind sehr gefragt. Da laufen beispielsweise in Museen Mal- und Bastelaktionen. Oder in Theatern kleine Schauspielkurse. Handwerken, Umweltschutz und Naturprogramme gibt es auch.
HIMBEER: Ohne Eltern?
Katharina Maurer: Die Ferienkurse schon. Aber wir freuen uns sehr, wenn die Eltern mit ihren Kindern ins Theater, Museum oder Kino gehen. Das bringt die Familie zusammen und eröffnet jedem neue Horizonte.
HIMBEER: Was passiert, wenn Mama und Papa nicht dabei sind?
Katharina Maurer: Dann werden unsere Kultur-Kinder von ehrenamtlichen Paten begleitet, dieunter anderem von „Lesezeichen“ und „Balu und du“ vermittelt werden. Damit können wir auch Kinder erreichen, deren Eltern nicht nur kein Geld, sondern auch keine Zeit haben. Neben unseren Paten haben wir viele weitere ehrenamtliche Helfer, die in Sozialbürgerhäusern unsereInfostände betreuen oder an den Telefonen sitzen und jeden Monat an die 600 Karten für die KulturKinder vermitteln. Insgesamt unterstützen uns 150 Menschen. Ein ganz großes Danke von hier an alle!
HIMBEER: Wie finanzieren Sie den KulturRaum?
Katharina Maurer: Über Fördergelder und Spenden. Unser festes Team besteht aus sieben Mitarbeitern. Wir bekommen jedoch leider keine Förderung mehr für unsere KulturKinder. Das müssen wir gerade finanziell selber stemmen, suchen da dringend nach neuen Unterstützern. Damit die Kinder auch weiterhin bis über beide Ohren grinsen, weil sie zum ersten Mal ins Kino gehen oder ein Konzert live erleben.
Weitere Infos: wwww.kulturraum-muenchen.de