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Neue Väter: Clemens

Der fest angestellte Krankenhausarzt lebt mit seinen Kindern und deren Mutter zusammen. Er arbeitet elf Monate im Jahr (sein Arbeitsvertrag erlaubt jährlich einen unbezahlten Freimonat) auf einer 80%-Stelle, das heißt, etwa 32 Stunden im Schichtdienst. Er hat bei beiden Kindern Elternzeit genommen beziehungsweise auf Teilzeit reduziert.

Vater und Kinder: Clemens (44)

Wie gestaltet sich euer Alltag?

Unser Alltag gestaltet sich chaotisch und unorganisiert, wir kämpfen gegen das Chaos und die Anarchie an, ich übernehme alle Alltagsaufgaben, die anfallen, Kinder, Küche und Haushalt. Ich liebe den Familienalltag und das chaotische Zusammenleben mit Kindern. Entweder bin ich arbeiten oder ich organisiere den Familienalltag, dazwischen bleibt wenig Zeit für anderes. Wir wechseln uns ab mit der Betreuung unserer Kinder und der Bewältigung des Haushaltes. Großeltern sind leider keine in der Nähe, Babysitter nutzen wir daher regelmäßig.

Hast du Elternzeit genommen? Wie hast du sie genutzt?

Die Elternzeit habe ich genutzt, um mich intensiv mit den Kinder zu beschäftigen, um mich selbst besser kennenzulernen, um meiner Frau mehr Zeit für ihre Karriere zu geben, um unserer Beziehung mehr Aufmerksamkeit zu schenken, um abzuhängen und dann war sie auch schon vorbei, die schöne Elternzeit.

Was machst du gerne mit deinen Kindern?

Am liebsten bewältige ich Alltagsaufgaben und lasse die Kinder daran teilhaben. Wir kuscheln viel und wir reden viel. Ich gehe mit den Kindern wöchentlich ins Schwimmbad oder wir fahren an einen See in Brandenburg, wir paddeln und radeln gerne, spielen Frisbee, Tischtennis, etc. Am Abend ohne Mama schauen wir Filme an und essen vor der Klotze Chips und Schokolade. Ich koche gerne mit den Kindern vegan und oder auch nicht, wir essen gerne Sushi. Wir drei fahren regelmäßig zu meiner Mutter nach Karlsruhe.

Mit Jonathan spiele ich gerne Videospiele, wir kämpfen/raufen oft bis an die Grenzen, wir messen unsere Kräfte in jeder Disziplin, streiten uns über seine Hausaufgaben oder seine Online-Zeit, wir unterhalten uns über Frauen, hängen ab und philosophieren. Wir basteln an meinen RC-Spielsachen rum.

Mit Alma gehe ich gerne aus, regelmäßig haben wir ein Date im Restaurant, ein Dinner for two oder wir sitzen in Kaffees. Fast jeden Tag nach der Schule essen wir Eis und kaufen für das Abendessen ein. Sie kommt gerne mit zum Schwimmen und Sauna. Wir spielen gerne Memory, Uno und Co. Wir gehen Klamotten shoppen. Wir tanzen beide gerne. Wir lachen gerne und sie hat einen wunderbaren Humor.

Vater und Kinder: Clemens mit Tochter Alma // HIMBEER
© Lina Grün

Wie oft unternimmst du etwas mit deinen Kindern?

Eigentlich täglich, wenn ich nicht bei der Arbeit bin.

Worin ähneln deine Kinder dir?

Mein Sohn hat meine Geduld und mein emphatisches Feingefühl geerbt, meine Tochter meine langen Beine. In vielen Situationen erkenne ich mich und meine eigene Kindheit wieder. Viele Verhaltensmuster, gerade die die ich ablehne oder verurteile, sind ein Spiegel zu mir. Die Kinder kennen mich so gut, dass sie meine wunden Punkte zielgenau aufspüren und drücken. Kinder sind eine Herausforderung für Körper, Geist und Seele. Wir entwickeln uns gemeinsam und wachsen aneinander. Erziehung erfolgt auf beiden Seiten.

Worauf bist du stolz bei ihnen?

Ich empfinde großen Stolz, auf fast alles, jeden Entwicklungsschritt und auf viele Kleinigkeiten. Ich bin vielleicht etwas subjektiv, aber meine Kinder sind wirklich ganz außergewöhnlich.

Was nervt dich an ihnen?

Dass sie mich ständig spiegeln, dass sie kaum Rücksicht nehmen, sich wie Schmarotzer verhalten, alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dass sie mich anlügen, verletzend ehrlich sind. Mich nervt, dass mein eigenes Glück von ihrem Wohle abhängig ist.

Vater und Kinder: Clemens mit Tochter Alma und Sohn Jonathan// HIMBEER
© Lina Grün

Wie war dein Verhältnis zu deinem Vater?

Ich habe ihn sehr geliebt und tue es noch immer, ich empfinde viel Dankbarkeit für all die Liebe und Aufmerksamkeit, die ich von ihm empfangen habe. Mein Vater war aktiv in der Jugendarbeit, im Haushalt und er hat sich um uns Kinder gekümmert. Ein außergewöhnlicher Mann, in vieler Hinsicht seiner Zeit voraus.

Was machst du anders als dein Vater? Was machst du ähnlich?

Viele Dinge in der Erziehung mache ich sehr ähnlich, manche meiner Sätze habe ich 1:1 von ihm übernommen. Meine Eltern sind noch immer ein Vorbild für mich. Viele Dinge verstehen ich erst, seitdem ich selbst Vater bin. Ich ziehe meine Eltern noch immer zu Rate bei Fragen zu den Themen Erziehung und Beziehung. Im Unterschied zu meinen Eltern bin ich meinen Kindern noch näher, lasse sie an meinen Sorgen und Problemen mehr teilhaben. Sexualität ist kein Tabu Thema wie es in meiner Kindheit eines war. Ich erziehe meine Kinder nicht christlich religiös, eher spirituell … philosophisch.

Hast du manchmal ein schlechtes Gewissen als Vater?

Ja, habe ich. Ich entlade manchmal Frust und Sorgen auf ihren Schultern. Ich bin in vielerlei Hinsicht kein gutes Vorbild. Ich kümmere mich oft zu wenig um meine eigenen Gesundheit und mein Wohlbefinden. Ich bin inkonsequent, faul, müde, genervt und unfair. Was mich beruhigt ist, dass meine Kinder auch mich als Vater ausgesucht haben, also wird schon alles irgendwie einen Sinn ergeben.

 

Vater und Kinder: Alma (8) und Jonathan (14)

Was macht ihr gerne zusammen mit eurem Vater?

Alma: Kochen, Filme kucken, Uno spielen.
Jonathan: Fahrrad fahren, Angeln, Zocken, Kanu fahren und Schwimmen.

Welche Interessen/Hobbys teilt ihr mit eurem Vater?

Alma: Fahrrad fahren, Schwimmen.
Jonathan: Ja, viel s.o.

Worin seid ihr eurem Vater ähnlich?

Alma: Augen, Körper.
Jonathan: Nase, Augen, Verhalten.

Worauf seid ihr stolz bei ihm?

Alma: Er ist lustig und stark.
Jonathan: Er ist mein Vater, das reicht.

Vater und Kinder: Clemens mit Tochter Alma und Sohn Jonathan// HIMBEER
© Lina Grün

Was nervt euch an ihm?

Alma: Rauchen, sein Bart.
Jonathan: Nicht viel. er ist provokant.

Was wünscht ihr euch von eurem Vater?

Alma: Ein eigenes Zimmer.
Jonathan: Einen neuen PC.

 

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Die Titelgeschichte NEUE VÄTER – WAS SIE MIT IHREN KINDERN VERBINDET stammt aus dem HIMBEER Magazin August-September 2017 – alle Ausgaben unseres Familienmagazins findet ihr unter MAGAZIN

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