Quietschbunte Abwechslung

81.414 gemixte Frucht-Cocktails und über 27.138 Liter Saft in den letzten fünf Jahren: Beim Fruchtalarm in den kinderonkologischen Kliniken in vielen Städten Deutschlands schaffen knallig bunte Säfte manchmal, dass die Kinder wieder gerne trinken. 178 Ehrenamtliche sind dafür im Einsatz und mixen leckere Getränke gemeinsam mit den Patienten und Patientinnen. Lelo Luamba und Andrea Stenz sind an der Berliner Charité im Einsatz. Im Gepäck: eine mobile Cocktailbar und Farbkombis, die sich gewaschen haben.

Kirschrot mit Knallgrün, Ananas mit Kokosnote und Waldmeistersirup auf Erdbeer: Heute ist Montag und in der kinderonkologischen Tagesklinik der Charité heißt das Fruchtalarm. Dann rollt eine echte kleine Bar, bestückt mit kunterbunten Sirups und Säften durch die Gänge des Backsteingebäudes auf dem Campus Virchow. Jetzt dürfen sie sich die Kinder in der Tagesklinik als Cocktailmixer und -mixerinnen versuchen. Fruchtalarm wurde im Jahr 2010 in Bielefeld ins Leben gerufen. An Krebs erkrankten Kindern den Klinikalltag aufzuhellen und dabei noch Leckeres zu produzieren, das ist das Ziel des vollständig aus Spenden finanzierten Projekts. Die Charité ist als Standort seit diesem Jahr dabei und längst ist der Fruchtalarm fester Bestandteil des Wochenplans. Heute stehen Lelo Luamba und Andrea Stenz hinter der Mini-Bar. Zweimal im Monat sind sie hier im Wedding als sogenannte Fruchties im Einsatz: „Jetzt, wo ich selbstständig bin, habe ich endlich die Möglichkeit meine Zeit frei einzuteilen“, deshalb bewarb sich die Wahl-Berlinerin Andrea. Genau wie für sie gehört auch für Lelo der Einsatz zu den schönsten Terminen der Woche. „Ich wollte etwas tun, wobei es nicht darum geht, wie man so viel Geld wie möglich zu machen kann, alles zu optimieren und maximieren“, sagt die Studentin. Bei Fruchtalarm geht es um Bodenständiges, um Spaß und das Vermitteln von gutem Gefühl.

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Zudem kann das Projekt schaffen, den Kindern zu helfen wieder mehr zu trinken. Durch Chemotherapien und Medikamente, die während einer Krebsbehandlung verabreicht werden, verändert sich der Geruchs- und Geschmackssinn. Viele möchten dann gar nichts mehr essen oder trinken, manche Gerüche verursachen Übelkeit. Die knalligen Mix-Säfte von Fruchtalarm können die Sinne stimulieren. Durch das Ausprobieren verschiedener Saftkombis finden die Kinder sicher etwas, das ihnen schmeckt. „Die Eltern dürfen nicht mitreden, die kleinen Patientinnen und Patienten dürfen selbstbestimmt entscheiden und das mixen, was ihnen gefällt“, erklärt Peggy Brammert. Sie ist die Projektleiterin und steuert die inzwischen 21 Standorte mit Fruchtalarm-Gründer Marcel Lossie und dem fünfköpfigen Team von Bielefeld aus. Dabei müssen deutschlandweit Fruchties koordiniert werden, es müssen Partner und auch lokale Unterstützer gefunden werden. Viele Firmen sind schon mit dabei und versorgen den Fruchtalarm unter anderem mit Cocktailmixern, Säften und Eiswürfeln. Inzwischen haben Lelo und Andrea den Barwagen und alles Drum und Dran erneut gründlich desinfiziert. Durch die Katakomben ziehen sie weiter auf die kinderonkologische Station. Viele Kinder müssen hier mehrere Wochen am Stück verbringen. Neben nervigen Untersuchungen ist es hier auch noch ziemlich langweilig. Andrea und Lelo geben ihr Bestes, um das für einen Moment zu ändern.

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Hamburg, München und viele andere Städte sind schon Teil des Fruchtalarm-Netzwerks. Ziel von Peggy ist es, diesen in alle rund 50 Kinderonkologien in Deutschland zu bringen. „Es gibt ungefähr 1.800 Kinder jedes Jahr, die neu an Krebs erkranken, am liebsten wollen wir natürlich alle erreichen.“ Bis zu zehn Jahre kann eine Behandlung zusammen mit der Nachsorge dauern, deshalb mixen die Fruchties auch in den Reha-Kliniken. Hier trifft man oft Kinder aus verschiedenen Städten wieder, das macht sie zu ganz besonderen Orten für die Fruchties. Fruchtie kann jede und jeder ab 18 werden, mindestens zwei Jahre sollte man Zeit haben, empathisch und gesund sein. Zu Beginn stehen eine Hygiene- und eine Cocktailschulung an, außerdem sind Infektionsschutzbelehrung und Führungszeugnis notwendig. „Ich bin jedes Mal froh, dass ich da war, und versucht habe, positive Energie reinzugeben an die Kinder, die Geschwister und die Eltern.

Und das bekommt man auch ganz viel zurück“, beschreibt Andrea das Gefühl. Mit dem Tod und mit traurigen Tagen müssen die Ehrenamtlichen aber genauso umgehen können. Zuerst war sich Lelo deshalb unsicher, ob sie das leisten kann. Inzwischen ist sie seit drei Jahren Teil des Teams und nimmt viel für sich mit in den Alltag: „Ich versuche ja jeden Tag dankbar zu sein, aber das klappt nicht immer! Immer wieder meckere ich über irgendwas, auch wenn es lapidar ist“, schmunzelt die Berlinerin. Doch zum Glück sitzen die Fruchties an der Quelle. Hier in den Gängen der Station munkelt man, Cranberry-Kokos helfe besonders gut gegen kleine und große Sorgen!

Text: Eva Schneider, Foto: © Manuel Miethe

www.fruchtalarm.info, Spendenkonto der von Laer Stiftung: Verwendungszweck „Fruchtalarm“, Volksbank Bielefeld-Gütersloh eG, IBAN: DE73 4786 0125 0171 1111 00

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