© Derk Ehlert

Wildtiere in der Stadt

In Großstädten wie z.B Berlin leben viele vermeintlich "wilde" Tiere, wie Wildschweine, Waschbären oder Marder. Derk Ehlert, Jagdreferent und "Wildtierspezialist" erzählt von seinen Erlebnissen.

Kaninchen im Tierpark, klar hat jeder schon gesehen und selbst ein herumstreunender Fuchs in der Abenddämmerung ist für viele Berliner kein seltenes Bild. Aber Waschbären auf den Dächern der Torstraße? Oder Wildschweine am Savignyplatz?

„Wildtiere sind überall“

So Derk Ehlert. Er ist Jagdreferent, „Wildtierspezialist“ und Anlaufstelle für Wildtierbegegnungen aller Art. Wobei ein Wildschwein auf dem Alexanderplatz doch eher eine Ausnahme ist. Ihr Lebensraum sind die Berliner Forsten und die Randgebiete der Stadt. Doch da sie erkundungsfreudig sind und insbesondere in der Nacht weite Strecken zurücklegen, kann es schon mal passieren, dass sie sich bis tief in die Stadt hineinwagen und den Rückweg nicht rechtzeitig antreten. Der Morgen bricht an und die Wildschweine finden sich inmitten des hektischen Stadtreibens wieder. Dann werden Jäger gerufen, die die Wildschweine fangen und zurück in den Wald bringen.

© Stiftung Naturschutz Berlin

Ganz schön aufregend und abenteurlich klingen die Geschichten, die Ehlert erzählt. Während meines Besuchs berichtet eine Anruferin  (Herr Ehlert bekommt sehr viele Anrufe!) von einem Fuchs, der immer öfter in ihrem Vorgarten auftaucht. Neben seiner Aufgabe die Bejagung zu kontrollieren, ist Herr Ehlert auch engagiert, die Bevölkerung über den Umgang mit Wildtieren aufzuklären. „Ist es denn normal und wünschenswert, dass sich Wildtiere in der Stadt ansiedeln?“ „Sind sie gefährlich?“ „Wie sollen wir mit ihnen umgehen?“

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Zunächst einmal macht Derk Ehlert deutlich, dass es keineswegs so ist, dass die Tiere in „unseren“ Lebensraum eindringen, vielmehr versuchen sie lediglich Lebensraum für sich zurückzuerobern. „Eine Konsequenz unseres Umgangs mit der Natur“, sagt Ehlert. Die fortschreitende Besiedelung und Umstrukturierung der Wälder tragen dazu bei, dass die Tiere gezwungen sind sich an neue Lebensbedingungen anzupassen, die Stadt ist kein feindlicher Ort, im Gegenteil – sie bietet einer Vielzahl von Nahrungsquellen und Unterschlupfmöglichkeiten. Waschbären mögen es auf Dachböden, Marder finden fast überall Unterschlupf, ob in Häusern oder unter der Motorhaube, Füchse sind in der Wahl ihrer Reviere flexibel, Hauptsache für Nahrung ist gesorgt.

Das Verhältnis zwischen Stadtmensch und Wildtier ist ein ambivalentes.

Für die einen sind die Tiere eine Plage, die Schäden verursachen und eine Gefahr für Kinder darstellen, das andere Extrem sind diejenigen, die am liebsten jeden kranken Fuchs persönlich pflegen und durchfüttern möchten. „Das kann zum Problem werden“ mahnt der Wildtierexperte, denn Füchse oder auch Wildschweine sind „nicht gefährlich sondern wehrhaft, d.h. sie sind nicht von Natur aggressiv oder angriffslustig, bleiben aber dennoch Wildtiere und müssen auch als solche behandelt werden.

Füttern und Bemühungen, Tiere handzahm zu machen führen dazu, dass die Tiere ihre natürliche Scheu vor Menschen verlieren und zutraulich werden. Daraus resultieren eine Vielzahl von Problemen. Besonders traurig ist es, wenn es durch den Verlust des natürlichen Distanzverhältnises, in bestimmten Situationen zu Beißunfällen kommt, die von Seiten der Tiere aus Angst und Unsicherheit entstehen. Da müssen dann Tiere geschossen werden, „unnötig ist das und ich hasse es, wenn so was passiert“, so Derk Ehlert, der sich auch in der Rolle des Anwalts der Tiere versteht.

© anne sch, pexels

Wünschenswert ist eine friedliche Koexistenz nach dem Motto „leben und  leben lassen“. Das setzt voraus, Wildtiere nicht als Fremdkörper sondern als Bereicherung zu sehen. Wer mal einen echten Waschbär in freier Wildbahn sehen möchte hat zur Zeit eine gute Chance auf den Dächern von Berlin Mitte. In einem Wohnquartier Nähe der Torstraße hat sich ein frecher Zeitgenosse eingerichtet, der dort sein Unwesen treibt. Teilweise zum Ärger und auch zur Belustigung der Anwohner sonnt er sich tagsüber gerne auf einem Kuppelfenster und schleicht nachts über die Dächer, klettert frech auf Balkone und Terrassen und stibitzt sich das worauf er gerade Lust hat. Es ist auch schon vorgekommen, dass er Blumentöpfe um- bzw. hinunterwirft. „Da kann man nichts machen“ sagt Ehlert … außer einfach schmunzeln.

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