© Sebastian Schulke

Sei du selbst, liebe das Leben

Weg von Massenkonsum und Wegwerfgesellschaft, hin zu einem bewussten und nachhaltigen Lebensstil. Horand und Heidi Thönges wollen mit der „Umdenkerei“ kleine und große Menschen zum Umdenken animieren.

In der Küche steht an der Wand etwas geschrieben: „Lieben: das Leben, dich selbst und alle guten Wesen.“ Doch da schütteln Heidi und Horand Thönges einstimmig mit den Köpfen. „Der ist so eigentlich nicht mehr gültig für uns“, sagt Heidi. Die beiden hatten den Satz irgendwo einmal entdeckt, fanden ihn gut und schrieben ihn mit einem dicken Pinsel an die Küchenwand. Mittlerweile müsste er allerdings so lauten: „Sei du selbst, liebe das Leben, achte alle Wesen und die Erde.“ Nun könnte man meinen, das sei doch fast das Gleiche, nur anders formuliert. Nein. Hier steckt zwar nicht der Teufel im Detail. Dafür jedoch ein gewisses Bewusstsein, ein Umdenken.

Entstehendes Bewusstsein stärken

Wie bei der „Umdenkerei“. Ein Projekt, das Heidi und Horand vor knapp zwei Jahren ins Leben gerufen haben. Es geht dabei um das Bewusstsein, nachhaltig zu leben und zu denken. „Die Welt wandelt sich. Langsam aber stetig steigt die Zahl derer, die sich selbst und der Welt gegenüber bewusster und achtsamer werden“, meint Heidi. „Menschen, für die Begriffe wie Ressourcenschonung, Wertstoffkreislauf, Upcycling oder Klimaschutz nicht einfach nur leere Worte sind.“ Mit der Umdenkerei möchten die Beiden dieses Bewusstsein fördern, stärken, aber auch wecken – bei Kindern und Erwachsenen. Und zwar durch Workshops zum Thema „müllfrei(er) leben im Alltag“, „Kosmetik unverpackt“, spezielle Kochabende, Upcycling- und Skateboardkurse, Fotografie und Kindertanz. „Unser Spektrum ist recht breit und bunt“, sagt Horand. „Doch Nachhaltigkeit hat auch etwas mit persönlicher Entfaltung zu tun, der wir Raum geben wollen. Indem die Menschen nicht gegen- oder nebeneinander agieren, sondern miteinander.“ Im Einklang.

Ein langer, ungerader Weg

„Seit ich die Schule verlassen habe, war ich auf der Suche nach einer Beschäftigung, einer Berufung, die mich vorantreibt und weiterbringt“, erzählt Horand, der gebürtig aus Frankfurt am Main stammt. Trotz etlicher Berufsausbildungen – Schlosser, Friseur, Masseur, Pfleger und diversen Jobs, schon bald in München – fand seine Suche kein Ende. „Nur dem Skateboarden blieb ich immer treu“, meint Horand. Dann trat Heidi in sein Leben. Sie befand sich auf einer ähnlichen Suche wie Horand. Startete nach dem Abitur von Landshut aus eine lange Reise nach Ecuador und arbeitete dort mit Kindern. Studierte in Bayreuth „Kultur und Gesellschaft Afrikas“, assistierte der Geschäftsleitung eines Bergsporthotels in der Schweiz und landete danach als freiberufliche Tutorin für Englisch und Spanisch in München. „Irgendwann kam ich auf die Idee, mit Skateboarden anzufangen“, erinnert sich Heidi und schmunzelt. „In München gab es da was. Ein gewisser Horand bot Kurse an.“ So kitschig das auch klingen mag: „Aber es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Horand. „Wir kamen zusammen und hatten die gleichen Ideen und Vorstellungen davon, wie ein bewusstes und nachhaltiges Leben aussehen könnte.“ Das ist sechs Jahre her. Durch die Umdenkerei bekommen diese Ideen nun endlich eine reale Form und Gestalt. Und nicht nur das. Nach der Geburt ihrer Kinder, Tonda (vier) und Jore (fünf Monate alt), hat sich ihr Bewusstsein und Bedürfnis nach Nachhaltigkeit verstärkt. Weg von Massenkonsum und Wegwerfgesellschaft, hin zu einem bewussten Lebensstil.

Am Puls der Zeit

Regional, fair, bewusst, sozial und ökologisch – diese Begriffe spiegeln ein klares und modernes Lebensgefühl wider, das laut Heidi in München immer mehr in den Vordergrund rückt. Denn die Stadt befinde sich in einem Wandel, in dem das Geld in den Hintergrund rücke und die Nachhaltigkeit plötzlich viel mehr Gewicht bekäme. Überall entstehen und wachsen tolle Projekte – wie das Kartoffelkombinat, Kunstzentrat, die Parklets von Green City oder „rehab republic“. Heidi: „Wir freuen uns sehr, ein Teil dieser Bewegung zu sein und versuchen, einen Impuls an die Menschen zu geben.“ Ein Impuls, der zum Nachdenken oder Umdenken anregt: Sei du selbst, liebe das Leben, achte alle Wesen und die Erde.

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